Streitlustiger und umstrittener „Milchbaron“

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Theo Müller machte aus einer Dorfmolkerei einen Milliardenkonzern. Doch der Unternehmer steht nicht nur für eine Erfolgsgeschichte, sondern auch für eine Flucht vor der Erbschaftsteuer. Müller zog deshalb in die Schweiz. Nun wird er 75.

Vom Kleinunternehmer zum Lenker eines internationalen Lebensmittelkonzerns: Theo Müller („Müller-Milch“) machte in vier Jahrzehnten aus einer überschaubaren Molkerei mit vier Beschäftigten eine weit verzweigte Firmengruppe mit etwa 20 000 Mitarbeitern, 4,9 Milliarden Euro Umsatz und Werken in mehreren europäischen Ländern und den USA. An diesem Donnerstag wird der ebenso umstrittene wie streitlustige Unternehmer 75 Jahre alt.

Theobald Alfons Müller stammt aus dem Dorf Aretsried, das zur Gemeinde Fischach bei Augsburg gehört. Inzwischen lebt der Mann, der gern auch als „Milchbaron“ bezeichnet wird, in der Schweiz; die Holding der Unternehmensgruppe Theo Müller residiert in Luxemburg. Dies ist Folge eines politischen Streits um die Erbschaftsteuer, der im Jahr 2003 tobte und bei dem Müller einer der Protagonisten war.

Flucht in die Schweiz

Müller zog damals mit seiner Familie in die Nähe von Zürich und verteidigte dies auch öffentlich: Im Fall der Übertragung des Unternehmens an seine Kinder würde eine dreistellige Euro-Millionensumme an Steuern fällig, sagte er wenige Wochen, bevor der Möbelwagen anrollte. Dies würde die Existenz der Firma gefährden.
Mit seinem Weggang aus Deutschland wolle er aber „auch den enormen Kollateralschaden thematisieren, den dieser Steuer-Irrsinn mit sich bringt“, erklärte er damals dem „Spiegel“. Dennoch kassierte Müller teilweise harsche Kritik für seinen Umzug in die Schweiz.

32 Jahre zuvor: 1971 übernimmt Müller den Familienbetrieb in Aretsried und lässt unternehmerisch bald die Grenzen von Bayerisch-Schwaben hinter sich. Er strebt nach einer überregionalen Vermarktung seiner Produkte, was in der Molkereibranche damals unüblich war. Flankiert wird die bundesweite Marketingkampagne in all den Jahren durch Fernsehspots – oft mit Prominenten wie Fußball-Weltmeister Gerd Müller oder Tennisstar Boris Becker.

Bekannter Werbeslogan

Fast jeder kennt seitdem den Werbeslogan „Alles Müller, … oder was?“. Heute gehören auch Marken wie Weihenstephan, die Fisch-Fastfood-Kette Nordsee, die Feinkostanbieter Nadler und Homann oder Sachsenmilch zur Müller-Gruppe.

Doch Theo Müller und sein Unternehmen sorgten auch darüber hinaus für Schlagzeilen. Oft ging es dabei um juristische Auseinandersetzungen. So gab es Vorwürfe, das Unternehmen des CSU-Mitglieds habe für die Produktion zu viel Grundwasser entnommen und gegen das Baurecht verstoßen.

Er wurde erpresst

Gegen Kritiker ging Müller vor, indem er Gerichtsverfahren mit hohem Streitwert androhte. Der Molkereichef war auch mehrfach das Ziel von Erpressungsversuchen. 1990 drohte ein Mann, Joghurts zu vergiften, wenn Müller nicht eine Millionensumme zahle. Der Erpresser wurde gefasst und zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

Fünf Jahre später sollte Müller entführt werden – doch die Gauner scheiterten an der Gegenwehr des resoluten Unternehmers. Als ihn die bewaffneten Männer in einen Kastenwagen zerren wollten, riss er sich los. Der Haupttäter erschoss sich nach der gescheiterten Entführung, gegen mutmaßliche Komplizen gab es Prozesse.
Als Müller 1998 in einem Verfahren in Augsburg als Zeuge aussagte, blieb er gelassen. Nur zwei, drei Monate habe er gebraucht, um die Tat zu verarbeiten. „Das ist keine Sache, die mich weiter bewegt“, gab er zu Protokoll.

In den vergangenen Jahren stand bei der größten deutschen Privatmolkerei aber bereits ein anderer schillernder Unternehmer im Mittelpunkt. Der als „Brötchen-Millionär“ bekanntgewordene frühere Back-Unternehmer Heiner Kamps wurde 2011 Chef des Konzerns, zuvor hatte Theo Müller die Mehrheit bei der von Kamps gegründeten Gruppe HK Food übernommen. Vor kurzem ist Kamps bei Müller wieder ausgestiegen und hat die Führung an den bisherigen Chef der Müller-Tochter in Großbritannien, Ronald Kers, übergeben.