Pharmaboss Servier ist tot

Pharmaboss Servier ist tot
(AFP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im Alter von 92 Jahren starb der französische Pharma-Chef Jacques Servier am Mittwoch. Er stand im Zentrum eines riesigen Arzneimittelskandals.

Einer der erfolgreichsten Unternehmensgründer Frankreichs, der zugleich im Zentrum eines riesigen Arzneimittelskandals mit hunderten Toten stand, ist tot: Im Alter von 92 Jahren starb der französische Pharma-Chef Jacques Servier am Mittwoch in der Nähe von Paris, wie sein Unternehmen mitteilte. Servier hatte seine gleichnamige Firma vor 60 Jahren gegründet und daraus den zweitgrößten Pharmakonzern Frankreichs gemacht.

Serviers unternehmerische Erfolgsgeschichte ist aber untrennbar mit dem größten Arzneimittel-Skandal Frankreichs verknüpft, der sich um das Medikament Mediator dreht. Laut Schätzungen starben in Frankreich bis zu 2100 Menschen an den Folgen der Einnahme des Diabetes-Medikaments, das als Mittel zum Abnehmen auch bei Nicht-Diabetikern weit verbreitet war und zu einer Verdickung der Herzklappen führen kann.

Vom Markt genommen

Rund fünf Millionen Menschen sollen das Medikament über drei Jahrzehnte eingenommen haben, bis es Ende 2009 in Frankreich vom Markt genommen wurde. Im gleichen Jahr wurde es auch in Luxemburg aus den Regalen genommen.

Servier und weiteren Führungskräften des Konzerns wurde schwerer Betrug vorgeworfen, zudem laufen Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Sie sollen die gefährlichen Nebenwirkungen des Medikaments gekannt und verheimlicht haben. Ein Strafprozess wurde bereits mehrfach verschoben. Er ist nun für die erste Jahreshälfte 2015 vorgesehen.

Kritik an der Aufsicht

In dem Skandal geriet auch die französische Arzneimittelaufsicht unter Beschuss. Eine Kontrollbehörde attestierte ihr 2011 „schweres Versagen“, demnach gab es bereits Mitte der 90er Jahre Hinweise auf die Gefährlichkeit des Mediator-Wirkstoffs Benfluorex. Seit vergangenem Jahr läuft auch gegen die Arzneimittelaufsicht ANSM ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung.

Frankreichs sozialistische Gesundheitsministerin Marisol Touraine sagte am Donnerstag dem Sender France Inter, Servier habe ein großes Unternehmen gegründet, „aber das, was von ihm bleiben wird, ist der gigantische Medizinskandal um Mediator“. Anlässlich seines Todes müsse auch an die Opfer des Medikaments gedacht werden.

Die Ärztin Irène Frachon, die den Skandal um Mediator als erste aufgedeckt hatte, hob im Gespräch mit AFP hervor, dass die Justiz auch nach dem Tode Serviers ihre Arbeit fortsetzen werde. Der Skandal habe eine „Kultur der Pharma-Kriminalität“ bei Servier zum Vorschein gebracht, die weit zurückreiche.