Wer ist der seltsame Tote in Paris?

Wer ist der seltsame Tote in Paris?
(AFP/Thomas Oliva)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Mitten in Paris legen Archäologen Gräber aus der Zeit der Merowinger und Karolinger frei. Ein Toter gibt den Forschern Rätsel auf. Sie wollen nicht ruhen, bis sie die Antwort gefunden haben, heißt es.

Seit über tausend Jahren ruhte er am Fuß der Kirche Saint-Germain-des-Prés im gleichnamigen Pariser Stadtviertel, bis kürzlich sein Grab und sein Skelett bei Ausgrabungen freigelegt wurde. Französische Archäologen fragen sich seitdem, wer dieser seltsame Tote (Link) war: Ein Würdenträger der Merowinger, des ältesten französischen Königsgeschlechts – oder ein Mönch aus der Zeit der Karolinger? Sie wollen nicht ruhen, bis sie die Antwort gefunden haben.

Das Skelett lag mit verschränkten Armen im Grab, den Kopf zur der Kirche gewandt, die unter dem Merowinger-König Childebert I. im 6. Jahrhundert errichtet worden und die erste Grabstätte der französischen Könige war. Die ursprüngliche Kirche wurde von den Normannen zerstört und im 10. Jahrhundert als romanische Basilika neu errichtet.

Mehrere Gräber

Das Skelett mit der Ausgrabungsnummer „SPO10“ ruhte nicht alleine in dem kleinen Garten der Kirche: Die Archäologen der Stadt Paris fanden seit Beginn der Ausgrabungen vor einem Monat vier Gräber aus der Merowinger-Zeit. Außerdem wurden elf Gräber aus der Ära der Karolinger freigelegt, die aus dem 10. und 11. Jahrhundert stammen.

Ein rundes Dutzend Skelette wurde bereits exhumiert. Andere werden sicherlich noch folgen – denn bisher wurden noch nicht alle Merowinger-Sarkophage, die sich unterhalb der Karolinger-Gräber befinden, geöffnet. Die Ausgrabungen sollen bis September beendet werden. Anschließend sind umfangreiche Sanierungsarbeiten geplant. Sie sollen verhindern, dass Feuchtigkeit in die Mauern der Basilika steigt und diese beschädigt.

Neue Entdeckungen

Bereits im 19. Jahrhundert hatte der französische Archäologe Théodore Vacquer an der alten Kirche Ausgrabungen vorgenommen, als der Boulevard Saint-Germain angelegt wurde. Vaquer habe die Merowinger-Gräber schon damals entdeckt, sagt der Ingenieur Martial Braconnier vom Pariser Denkmalschutzamt. Er habe aber nur Grabschätze gesucht und sich nicht weiter um die Skelette in den Gräbern gekümmert. In der ehrwürdigen Kirche am heutigen Boulevard Saint-Germain wurden mehrere Jahrhunderte lang die französischen Könige und ihre adlige Gefolgschaft bestattet. Im 12. Jahrhundert sei die königliche Grabstätte dann in die gotische Basilika von Saint-Denis im Norden der Hauptstadt verlegt wurde, sagt David Coxall, Chefarchäologe der Stadt Paris.

„Wir hatten damit gerechnet, Merowinger-Gräber zu finden“, berichtet der Leiter der Ausgrabungen, Jean-François Goret. Unerwartet sei hingegen der Fund von Grabstätten aus der Karolinger-Zeit gewesen. In diesen gemauerten Grabstätten wurden nach seinen Angaben ausschließlich männliche Skelette gefunden. Dies deute darauf hin, dass es sich bei den Toten möglicherweise um Mönche handle. Im Gegensatz zu den Gräbern aus der Merowinger-Zeit enthielten die der Karolinger keine Grabgaben.

Um mehr über die Skelette aus dieser Zeit zu erfahren, darunter vor allem den Zeitpunkt ihres Todes, werden die französischen Wissenschaftler unter anderem eine Radiokarbondatierung vornehmen. Neue Entdeckungen erhoffen sich die Forscher vor allem von den Merowinger-Sarkophagen, die in den kommenden drei Monaten geöffnet werden sollen. Denn in dieser Zeit wurden Aristokraten mit persönlichen Besitztümern begraben, etwa mit Schmuck, Gürteln oder Waffen. Die Erwartungen könnten allerdings auch enttäuscht werden – falls die Gräber im Laufe der Jahrhunderte bereits geplündert worden sind.

Lesen Sie auch:

Die Adlige aus dem Bleisarg