Gegen Flugangst hilft Wissen

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Fliegen fördert Urängste der Menschen an die Oberfläche. Wenn Unfälle sich häufen, passiert das noch heftiger als sonst, sagen Fachleute.

Nach dem Absturz von drei Passagiermaschinen binnen einer Woche wächst bei vielen Menschen die Flugangst: „Mir war bei dem Flug richtig mulmig“, gesteht eine 45-jährige Berlinerin, die gerade mit ihrer Familie aus dem Mallorca-Urlaub zurückgekehrt ist. „Ich musste im Flugzeug an die Bilder von den Absturzstellen denken, in der Maschine in der Ukraine waren so viele Kinder“, sagt die Frau, die ihren Namen nicht nennen will.

Schlimmer noch geht es all den Menschen, die ohnehin eine ausgeprägte Flugphobie haben. Im Internet tauschen sich zahlreiche Betroffene mit krankhafter Flugangst derzeit aus. „Ich fliege morgen von Chicago nach Atlanta. Nicht sicher, ob ich fähig dazu bin. Ich habe all meine ‚Übungen‘ gemacht, aber ich bin ganz außer mir“, berichtet ein Passagier auf fearofflying.com. „Meine Hände zittern so, dass ich kaum auf der Tastatur schreiben kann“, schreibt ein anderer in demselben Flugangst-Forum im Internet.

Angst bricht wieder aus

Bei vielen Menschen, die glaubten, ihre Flugangst unter Kontrolle zu haben, bricht diese nun wieder aus: „Frühere Teilnehmer rufen uns an, weil sie wieder Angst haben, Fragen haben“, erzählt Xavier Tytelman vom Zentrum zur Behandlung von Flugangst in Paris, das Kurse gegen die Phobie anbietet. $

Nach drei Tragödien innerhalb einer Woche „werden viele Leute aus verständlichen Gründen die Flugsicherheit hinterfragen“, räumt der Direktor des Internationalen Luftfahrtverbands IATA, Tony Tyler, ein. Alle Ängstlichen versucht er aber zu beruhigen: „Trotz der Ereignisse der vergangenen sieben Tagen ist Fliegen sicher“, betont Tyler. „An Bord eines Flugzeuges zu gehen, gehört immer noch zu den sichersten Dingen überhaupt.“

Aber was sagen die Psychologen? Große Flugzeugunfälle erzeugen bei vielen Menschen ein ungutes Gefühl, bei einigen wächst die Flugangst. Wissen ist aus Sicht von Fachleuten eine gute Medizin dagegen. „Was letztendlich jedem Angst macht, ist, wenn ich zu wenig weiß“, sagte die Diplom-Psychologin und Stewardess Linda Föhrer der Nachrichtenagentur dpa am Freitag. Angesichts mehrerer Unglücke in jüngster Zeit hätten viele Reisende Probleme, gerade jetzt entspannt in ein Flugzeug zu steigen. Föhrer bietet an internationalen Flughäfen Seminare für entspanntes Fliegen an.

Auch Profis können Angst haben

Menschen mit Flugangst seien von den Ereignissen dieser Tage besonders betroffen. Aber sogar Profis an Bord könnten Ängste entwickeln – wie Flugbegleiter, die sich nicht ausreichend über die technischen Hintergründe des Fliegens informiert haben.

Im Kampf gegen Flugangst komme es vor allem darauf an, „aus den vielen unbekannten Faktoren viele bekannte Faktoren zu machen“, sagte Föhrer. „Wissen beruhigt.“

Wissen, wie es funktioniert

Ingo Bögner, Psychologe und Psychotherapeut in Köln, setzt bei seinen Patienten – unter anderem – auch auf mehr Kenntnisse. „Ich vermittle aber auch technisches Wissen. Vielen hilft es zum Beispiel zu wissen, dass laute Motorengeräusche keine Gefahr bedeuten“, sagte er „Spiegel Online“. Er habe in seiner Praxis gerade „deutlich mehr Anfragen als sonst für eine Flugangstbehandlung“.

Dass viele Menschen sich beim Fliegen fürchten, obwohl diese Form des Reisens vergleichsweise sicher ist, hält er für recht normal: „Das Fliegen fördert Urängste der Menschen zutage, wie die Angst vor Höhe oder die Angst vor Wasser. Im Laufe der menschlichen Entwicklung hatte beides eine wichtige Funktion, genau wie die Angst vor unbekannten Geräuschen im Dunkeln. In gewissem Maße sind diese Gefühle also normal.“