Wie Asselborns „Merde alors“ in Wien ein Theaterstück inspiriert

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Reden von Salvini, Strache, Orban und anderen auf der Bühne des Wiener Burgtheaters, und das Ganze unter dem Titel „Merde alors“. Florian Klenk, Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung „Falter“, und Schriftsteller Doron Rabinovici haben sich dieses Projekt ausgedacht. Aufgeführt wird es am 21. November im Akademietheater, einer der Spielstätten des berühmten Wiener Burgtheaters. Das „Tageblatt“ hat bei Florian Klenk nachgefragt, was es mit dem Polittheaterstück auf sich hat.

Tageblatt: Sie lassen auf einer Theaterbühne Reden vorlesen von Orban, Kaczynski, Salvini, Strache und anderen Rechtspopulisten und extrem Rechten. Wieso tun Sie das?

Florian Klenk: Doron Rabinovici, Schriftsteller und Dramatiker, hatte bereits einen Abend im Burgtheater organisiert über die letzten Zeitzeugen, er ist ein genialer Theatermacher. Irgendwann haben wir uns gedacht, ob wir nicht einmal die europäischen Rechtspopulisten oder Illiberalen auf Deutsch und in ganz nüchternem Ton auf die Bühne bringen sollten, auch als Statement im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft. Einfach um einmal zu zeigen, wer diese Leute eigentlich sind, die unsere Politiker da ständig umarmen. Strache und Kurz haben zu diesen ja eine gewisse Nähe. Strache umarmt Salvini tatsächlich körperlich. Und während Kurz ein bissl von Orban abrückt, hofiert Strache Orban. Kritik an Polen wird auch nicht wirklich laut.

Sie mussten sich also stundenlang durch Reden besagter Politiker lesen bzw. hören. Das klingt erst einmal nach einer Qual.

(Lacht) Wir hatten ja Hilfe. Die Reden, die wir nehmen, sind zum Teil gesammelt worden von der Organisation European Stability Initiative, dazu haben uns italienische Kollegen geholfen, wir hatten Skripte aus dem Europaparlament in Straßburg und unsere Österreicher haben wir uns auf Youtube noch einmal angeschaut. Aus diesem Material, das erst verschriftet wurde, hat Doron Rabinovici dann das Stück gemacht.

Wenn ich das richtig verstanden habe, werden nur Texte von männlichen Politikern vorgelesen – es lesen aber nur Schauspielerinnen.

Genau, und nicht irgendwelche, das sind wirklich tolle Burgtheaterschauspielerinnen. Dazwischen wird es Texte geben, die Doron Rabinovici noch schreibt. Wenn man sich das Stück durchliest, ist das Schauerliche, dass es am Anfang fast ein bisschen sympathisch wirkt, alles ist erst sehr verständnisvoll – und wird dann immer gruseliger, immer illiberaler, immer gehässiger. Ich hoffe, dass es zu einer gewissen Erkenntnis beiträgt. Das Ganze ist natürlich einerseits ernst, andererseits ist es auch ein Versuch, das alles zu dokumentieren.

Im Programmheft vom Burgtheater steht Ihr Stück unter dem Titel „Merde alors, alles kann passieren“. Hat die Reaktion von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn auf die rassistischen Tiraden des italienischen Innenministers Matteo Salvini den Auslöser gegeben? Oder hat es einfach nur gut gepasst?

Es hat einfach gut gepasst. Der Teil von Salvini wird auch vorkommen im Text. Aber den Ausspruch Jean Asselborns haben wir dann zum Anlass genommen für das Stück. Und wenn Sie so wollen, ist Ihr Außenminister damit mittlerweile Titelgeber für ein Burgtheaterstück, also für eine wirkliche Hochburg des deutschsprachigen Theaters. Er hat es geschafft, dem Stück einen Titel zu geben – und mit dem Ausspruch hat er es sich ja auch verdient: Er macht jetzt Literatur- und Theatergeschichte.

Mit den beiden FPÖ-Politikern Heinz-Christian und Strache Herbert Kickl sind gleich zwei Österreicher vertreten, der Vizekanzler und der Innenminister. Die progressiv denkenden 50 Prozent Ihres Landes dürften es gerade nicht einfach haben. Dabei ist die ÖVP-FPÖ-Regierung nicht einmal ein Jahr an der Macht. Können Sie trotzdem optimistisch bleiben?

Ich würde Österreich jetzt keinesfalls mit Ungarn oder Polen vergleichen. Wir haben stabile Institutionen, wir haben Gerichte, eine starke Zivilgesellschaft und nach wie vor starke Medien. Aber das kommt alles unter Druck. Ich bin kein Hysteriker, aber ich beobachte schon Versuche, die Pressefreiheit, Journalisten, kritische Personen unter Druck zu setzen. Die Regierung hat diese sogenannte Message Control, sie möchte nicht in ein kritisches Gespräch eintreten. Es ist nicht die Zeit, um hysterisch Alarm zu schreien. Aber sagen wir mal so: Vor 20 Jahren, als eine Haider-Regierung hier in Österreich war, hatten wir rund um Österreich einen demokratischen Seuchenteppich – das ist jetzt nicht mehr der Fall.

Grober J-P.
13. Oktober 2018 - 13.08

Möchte noch wissen ob das Theaterstück aufgenommen wird. Wien ist mir zu weit weg und ich habe Angst mich als Ausländer dorthin zu begeben. :-)