Von Glühwein, Gaymat und Glücksmomenten im Pastoralrat: Laurent Boquet aus Esch im Porträt

Von Glühwein, Gaymat und Glücksmomenten im Pastoralrat: Laurent Boquet aus Esch im Porträt

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Laurent Boquet, 28, mag seine Arbeit in der Personalabteilung des CHEM. Nach Feierabend stürzt er sich begeistert ins Vereinsleben „seiner“ Stadt. Außerdem ist er Präsident der lokalen Jungsozialisten, Mitglied im Komitee des Jugendhauses und – er sitzt im Pastoralrat. „Benevolat“ ist ihm kein Fremdwort. Er hat ein starkes Bedürfnis, Menschen zusammenzubringen und gemeinsam etwas zu bewegen. An Energie scheint es Laurent nicht zu mangeln.

Serie

In unserer neuen Porträt-Serie geht es um Menschen wie „du und ich“. Um bekannte und unbekannte Gesichter und Namen. Um versteckte Hobbys, Träume und Gaben. Bezug zur Aktualität kann es geben – muss es aber nicht. Es sind Geschichten über Menschen, die in Luxemburg leben und unsere Gesellschaft beleben. Geschichten über „Menschen wie wir“.

Escher Weihnachtsmarkt am frühen Abend. Leise rieselt der Regen. Die Stammkundschaft schreckt das nicht ab. Es riecht nach Grillwurst. Irgendwo knistert ein wärmendes Feuer. Laurent sitzt in der „Glühweinpyramide“. Scheinbar ein ruhiger Typ. Wache Augen. Sein Bier trinkt er aus der Flasche. Glühwein muss nicht sein.

Laurent sei Escher mit einem Schönheitsfehler, sagt Mike, ein Kollege, und verweist auf die Kindheit in Düdelingen! Wenn das ein Makel sein soll hat er allerdings noch einen zweiten: Geburtsort ist nämlich Niederkorn. Abgesehen davon ist Laurent zu 100% Escher. Seit 2010. Und seit acht Jahren ist er nicht nur dabei, sondern mittendrin, wo und wenn die Musik spielt.

„Jetzt kommt Weihnachtsstimmung auf!“

Ein Musikinstrument beherrscht er nicht. Dafür weiß er, wie man beim Organisieren alle Register zieht. Beispiel Weihnachtsmarkt: Sponsoren suchen. Auftritte von Künstlern planen. Konzepte anpassen. Einem Ziel verpflichtet: „Besucher und Marktleute sollen sich wohlfühlen.“ Und wenn Not am Mann ist, hilft Laurent auch beim Aufbauen der Chalets. Am Tag der Eröffnung atmet er auf: „Jetzt kommt Weihnachtsstimmung auf!“ Auf den Fotos in der Zeitung ist er irgendwo am Bildrand zu erkennen. Er müsse nicht im Mittelpunkt stehen, betont er – zufrieden über die geleistete Arbeit. Um die Zukunft des Marktes macht er sich keine Sorgen. Der „Escher Krëschtmoart“ sei mehr als nur ein Feierabendtreff: „Während der Weihnachtszeit ist es the place to be“, so Laurent.

Alles beginnt 2010 mit dem ersten Gaymat in Esch. Als langjähriges Mitglied von „Rosa Lëtzebuerg“ kann Laurent seine Erfahrungen aus der Hauptstadt einbringen. Es wird ein Erfolg. Die Leute vom „Syndicat d’initiative et de tourisme“ sind begeistert. Seither ist Laurent mit an Bord. „Es macht mir Spaß, Events zu organisieren und Menschen zusammenzubringen.“ Das bringt Abwechslung zum Job im Krankenhaus: „Etwas zum Anfassen“, so nennt er es.

Engagement in Esch

Untätigkeit ist nicht Laurents Ding. Deshalb werkelt er bereits am nächsten Projekt. Für Anfang 2019. Eine Fastnachtsrevue. Sieben Escher Vereine gestalten das Programm. „Gemeinsam“, unterstreicht er und lächelt froh.

Er wird nicht müde, die Bedeutung des Vereinslebens hervorzuheben. Vereine würden die soziale Kohäsion fördern und stärken, so Laurent. Der Krise im Benevolat ist er sich bewusst: „Vielleicht liegt es daran, dass Jugendliche nicht genug eingebunden sind, nicht spüren, wo sie Verantwortung übernehmen dürfen und sollen.“ Mit seinem Engagement im Jugendhaus oder als Präsident der Escher Jungsozialisten will er zur Verbesserung der Situation beitragen.

Ein reges Vereinsleben wirke sich auch positiv auf die Attraktivität der Stadt aus, sagt er. Ihm gefällt es, wenn „seine“ Stadt wahrgenommen wird. Gerne erzählt er die Geschichte der zwei chinesischen Studentinnen, die, auf ihrer Reise von Amsterdam nach Paris, einen Zwischenstopp in Esch einlegen: „Das zeigt mir, dass Esch einen Platz auf der Weltkarte hat.“ In diesem Sinne seien die Jugendherberge und natürlich auch die Uni auf Belval wichtig für die Entwicklung der Stadt.

„Endlich Gas geben“

Aber da war ja noch was? Richtig! Esch 2022. Laurent überlegt und blickt hinüber zum Gemeindehaus. „Jetzt heißt es Parteizugehörigkeit vergessen und endlich Gas geben“, betont er, „und so investieren, dass Esch über 2022 hinaus einen Nutzen aus dem Event zieht.“ Escher Weihnachtsmarkt. Zwei Bier später. Der Regen wird stärker. Wasser tröpfelt auf den Tresen. Laurent hat alles im Blick. Wird er eingreifen? Nein. Der Wirt stellt einen Eimer hin. Alles gut.

Laurent hat keinen Führerschein. Seine vielen Wege durch Esch geht er zu Fuß. Auch in die Kirche(n). „Seit einigen Jahren sitzt er im Pastoralrat der Gemeinde: „Die Kirche, ihre Rituale und der Glaube geben Halt im Leben.“ Er spricht von Seelsorgeverantwortung. „Durch meinen Beitrag kann ich Menschen helfen, ihre Füße wieder auf den Boden bekommen.“ Der Pastoralrat scheint Laurent sehr viel zu bedeuten: „Ich spüre, dass ich dazugehöre.“

Er ist italienischer Abstammung – väterlicherseits. Anders als sein Vater spricht er die Sprache kaum. Das hindert ihn aber nicht daran, gerne nach Gubbio, in die Heimat der Vorfahren, zu reisen. Lieblingsspeise sei allerdings nicht irgendein Pasta-Gericht, sondern „Großmutters Bohneneintopf mit Pfannkuchen“, sagt Laurent genussvoll und fügt hinzu: „Vielleicht esse ich allgemein etwas zu viel!?“ Dann muss er los. Er macht nämlich gerade eine Ausbildung zum Kirchenführer.

 

Von Marco Goetz