Russische Opposition sieht sich nach Protestsommer gestärkt

Russische Opposition sieht sich nach Protestsommer gestärkt

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Tausende Festnahmen, Haftstrafen und Geldbußen: Trotz des harten Vorgehens von Russlands Behörden will die Opposition weiter kämpfen. Die Regionalwahlen am Sonntag sieht sie trotz ihres Ausschlusses als Wendepunkt für die Protestbewegung in Moskau.

Zum Foto:

Die russische Oppositionspolitikerin Ljubow Sobol steht im Büro des Fonds zur Bekämpfung von Korruption in Moskau. Die 31 Jahre alte Juristin zählt zu den führenden Köpfen der Moskauer Protestbewegung.
Foto: Claudia Thaler/dpa

Die russische Opposition sieht sich trotz Tausender Festnahmen und Haftstrafen wegen unerlaubter Demonstrationen vor den Regionalwahlen am Sonntag gestärkt. «Wir bereuen nichts. Ich sehe, dass wir alles richtig gemacht haben. Wir haben einen echten politischen Wahlkampf geführt», sagte Ljubow Sobol, eine der Anführerinnen der Moskauer Protestbewegung, der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizeigewalt habe niemanden abgeschreckt, an weiteren Protesten teilzunehmen. «Der Versuch, die Menschen einzuschüchtern, ist gescheitert.»

Im Sommer waren beinahe jedes Wochenende Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen den Ausschluss Dutzender Oppositioneller bei der Moskauer Stadtratswahl an diesem Sonntag zu protestieren. Auch in anderen Landesteilen werden Gouverneure und Regionalparlamente gewählt. Insgesamt sind 56 Millionen Wähler sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Abstimmungen gelten als wichtiger Stimmungstest für Kremlchef Wladimir Putin und die Regierungspartei Geeintes Russland.

Brutale Festnahmen bei friedlichen Protesten

Der bekannte Kommunalpolitiker Ilja Jaschin, der ehemalige Parlamentsabgeordnete Dmitri Gudkow wie auch die Juristin Sobol wurden wegen angeblicher Formfehler in Moskau nicht als Kandidaten zugelassen. Die teilweise brutalen Festnahmen bei den friedlichen Protesten riefen internationale Kritik hervor.

Sobol selbst wird nach eigenen Angaben immer wieder bedroht. Auch ihr Ehemann sei vor Jahren bereits schwer attackiert worden. Sie wolle jedoch Russland nicht verlassen. «Es gibt ein hohes Risiko, wenn man in Russland politisch aktiv ist. Aber es gibt nur eine Option: weiterkämpfen.»

Sobol, die rund einen Monat lang in einen Hungerstreik getreten war, wurde als eine der Hauptorganisatorinnen kurzzeitig festgenommen und mit hohen Geldstrafen belegt. «Sie wollen mich isolieren und versuchen das mit allen Mitteln», sagte die 31-Jährige. Sie werde aber die Gerichtsurteile anfechten, wenn nötig auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Die Moskauerin Sobol arbeitet seit 2011 als Juristin für den Fonds zur Bekämpfung von Korruption des Kremlkritikers Alexej Nawalny. Dabei war sie an zahlreichen Recherchen über Machtmissbrauch und Geldwäsche der Machtelite beteiligt. Die Stiftung finanziert sich nach eigenen Angaben über Spenden.

Es sei unklar, wie sich die Lage für die Opposition entwickele, sagte Sobol. «Der Kreml hat keine Strategie.» Er habe bislang Proteste mit Einschüchterung der Menschen beantwortet. Nun stehe Präsident Wladimir Putin aber vor seiner größten politischen Krise, meinte Sobol.