Keine Feierstunde, sondern ein Notruf

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Armand Back über die Bedeutung der toten Journalisten als „Person of the Year“

Wen ein Nachrichtenmagazin auf seine erste Seite hebt, um den ist es selten gut bestellt. Ist es ein Elefant, lautet ein naheliegender Schluss: Wahrscheinlich sterben sie bald aus.
Das US-Magazin Time hat nun Journalisten nicht nur zum Aufmacher gemacht, sondern zur „Person of the year“ gekürt.

Der naheliegende Schluss? Wohl am ehesten der, dass die Welt in ziemlich katastrophalem Zustand ist. Khashoggi und die anderen sind nicht alle da drauf, weil sie besonders großartige Geschichten recherchiert haben. Sie schauen uns von dort an, weil sie ermordet oder eingekerkert wurden – einfach so, weil sie diesem bestimmten Beruf nachgehen. So wie die Belegschaft der Capital Gazette aus Annapolis. Vier Journalisten und ein Mitarbeiter des US-Lokalblattes waren im Juni in ihrer Redaktion erschossen worden.

Eine bittere Ironie dabei stellt die Wahl der Person des Jahres von vor zwei Jahren dar. Damals thronte Donald Trump auf der Time. Seitdem dürfte kein Tag vergangen sein, an dem der US-Präsident nicht die Presse angegriffen hätte. Stichwort: Feinde des Volkes. Nachahmer gibt es zur Genüge. Auf die Presse zu schimpfen, wird auch in Europa langsam zum gängigen Politikstil.

Trump und die anderen tragen ihren Teil der Verantwortung dafür, wieso die Time im Jahr 2018 dieses Cover hat. Das ist keine Feierstunde des Journalismus. Das ist ein Notruf.