Freude und Zorn: USA eröffnen Botschaft in Jerusalem

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Nach Trumps umstrittener Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt eröffnen die USA ihre Botschaft in der Heiligen Stadt. Palästinenser kündigen Massenproteste an, aber auch Anwohner sind sauer. Dabei steht die Symbolik im Vordergrund.

„Schau“, sagt Daniel Jonas und zeigt aus dem Fenster seines Wohnzimmers auf die kleinen amerikanischen und israelischen Flaggen zwischen Bäumen am Straßenrand. „Noch sind es nur Fahnen.“ Doch er habe Sorge vor dem, was noch komme, wenn die US-Botschaft eröffnet worden ist. „Dass das wirklich das Umfeld in der Nachbarschaft verändern wird.“

Der 36-Jährige wohnt nur wenige Gehminuten von dem sandfarbenen Flachdachgebäude entfernt, das am Montag vom Konsulat zum Botschaftsgebäude umgewandelt werden soll. Gemeinsam mit 19 anderen Anwohnern hat er eine Petition beim Höchsten Gericht dagegen eingereicht – erfolglos.

Eine US-Delegation mit Vize-Außenminister John Sullivan will die US-Botschaft im Jerusalemer Stadtteil Arnona feierlich eröffnen. Es ist der 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels. Auch Präsidententochter Ivanka Trump und ihr Ehemann Jared Kushner kamen am Sonntag in Israel an.

Stärkere Sicherung der ganzen Gegend

Die Palästinenser haben zum Boykott der Zeremonie aufgerufen. Allerdings haben die USA außer Vertretern Israels nach Medienberichten auch keine Diplomaten anderer Länder eingeladen. Bei der Feier geht es vor allem um viel Symbolik, denn die Botschaft ist zunächst nur eine Übergangslösung.

Anwohner Jonas – schwarze Kippa, blaues Hemd, Jeans – berichtet von vielen Polizisten im Viertel, von verstärkten Kontrollen, von Menschen, die ihre Autos parken und nun ihre Papiere vorzeigen müssen. „Das ist ein Wohngebiet, aber plötzlich muss ich daran denken, meinen Ausweis mitzunehmen, wenn ich hier in der Nachbarschaft unterwegs bin.“ Er befürchtet, dass künftig kurzfristig Straßen gesperrt werden könnten, wenn etwa Staatsgäste zur Botschaft wollen.

Israels Verteidigungsminister Avidgor Lieberman rechnet mit Protesten zur Eröffnung. Palästinenser haben eine Kundgebung in Ramallah im Westjordanland wegen des Tages der Nakba (Katastrophe) angekündigt. Dabei gedenken sie Hunderttausender, die nach der Staatsgründung Israels während des ersten Nahost-Krieges 1948 vertrieben wurden oder flohen. Einheiten der israelischen Polizei seien rund um die Botschaft im Einsatz, sagt ein Polizeisprecher. Neue Überwachungskameras seien angebracht worden, um das Gelände zu kontrollieren.

Höflich gesagt: eine dumme Sache

US-Präsident Donald Trump hatte im Dezember in einem historischen Alleingang Jerusalem einseitig als Israels Hauptstadt anerkannt. Dabei kündigte er auch die Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem an. Der Schritt wurde international scharf kritisiert. In den Palästinensergebieten kam es zu Unruhen mit Toten und Verletzten.

Israel hat den Ostteil Jerusalems 1967 im Sechstagekrieg erobert und beansprucht die ganze Stadt als Hauptstadt. Die Palästinenser fordern hingegen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen künftigen eigenen Staat Palästina. Nach Ansicht der internationalen Gemeinschaft muss der Status Jerusalems in künftigen Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern festgelegt werden.

„Als Israeli glaube ich, dass Jerusalem die Hauptstadt von Israel ist», sagt Jonas. «Aber mir ist auch klar, dass eine andere Nation neben und unter uns lebt, die ihren eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als ihrer Hauptstadt haben will.“ Trumps Entscheidung, dabei nicht auch die andere Seite zu beachten, sei „höflich gesagt: eine dumme Sache“ gewesen.

Wenige Tage vor der Eröffnung pflanzen arabische Arbeiter rote, weiße und dunkellila Blumen in Form der US-Flagge neben die Zufahrt zum Gebäude. Zebrastreifen leuchten frisch weiß gestrichen. Ein Paar aus Missouri macht Erinnerungsfotos neben dem Schild „Generalkonsulat der Vereinigten Staaten von Amerika“ am Eingang. Sonst sind keine Bilder erlaubt, keine Videos, nicht einmal Notizen vor dem Gebäude stehend – sagen die Wachleute immer und immer wieder.

Zunächst eine Übergangsbotschaft in Arnona

Seit 2010 nutzen die USA das Gebäude für Konsulatsangelegenheiten. Der Komplex steht auf der Grünen Linie zwischen West-Jerusalem und einem größeren Gebiet, das früher sowohl von Israel als auch von Jordanien genutzt wurde, wie der Jerusalem-Experte Daniel Seidemann sagt. In der Innenstadt gibt es zudem das Hauptgebäude des Generalkonsulats.

Die Umwandlung des Konsulatsgebäudes in Arnona ist noch keine Entscheidung über den langfristigen Botschaftsstandort. „Zunächst wird die Übergangsbotschaft in Arnona Bürofläche für den Botschafter und einen kleinen Stab enthalten“, sagt ein Vertreter des US-Außenministeriums. Bis Ende kommenden Jahres sei die Eröffnung eines Botschaftsanbaus auf dem Gelände geplant. Zudem sei mit der Suche nach einem Standort für die ständige Botschaft begonnen worden. Rund 450 Bewohner einer Wohneinrichtung für ältere Menschen im Diplomat-Hotel, das Teil des neuen Komplexes ist, müssen aber vermutlich binnen zwei Jahren ausziehen.

Die US-Botschaft in Tel Aviv wird zur Botschafts-Zweigstelle, wie der Vertreter sagt. Weiterhin können dort unter anderem Israelis Visa für die Einreise in die USA bekommen. Um das Konsulat in Jerusalem als Botschaft nutzen zu können, haben die Amerikaner allerdings eine Fluchtstraße für den Botschafter bauen lassen, berichten israelische Medien. Trump sprach selbst davon, dass die Kosten für die erste Phase hin zur Botschaft weniger als 400 000 Dollar (knapp 340 000 Euro) betragen würden.

Geplant ist zudem eine mindestens drei Meter hohe Mauer statt des aktuellen Metallzaunes, wie Betty Herschman von der Bürgerrechtsorganisation Ir Amim (Stadt der Völker) sagt. Anwohner sagen, die Mauer werde ihnen die Aussicht versperren. Herschman kritisiert, dass für die Botschaft Vorgaben des Bebauungsplanes umgangen worden seien – während Israel „die Möglichkeiten der Palästinenser in Ost-Jerusalem, ihre Viertel zu planen und zu entwickeln komplett unterdrückt“. Ir Amim hatte sich auch an der Petition beteiligt.

Doch nach einer aktuellen Umfrage des israelischen Demokratie-Instituts befürworten fast zwei Drittel der Israelis die Verlegung der US-Botschaft. „Das ist kein Traum – das ist Realität“, sagte auch Bürgermeister Nir Barkat als er Anfang der Woche die neuen Straßenschilder zur Botschaft anbringen ließ. „Jerusalem ist die ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes – und die Welt beginnt, diesen Fakt anzuerkennen.“ Am Sonntag dankte er Trump für die Anerkennung und den Umzug der Botschaft nach Jerusalem – „ein Schritt, der nichts Geringeres bedeutet als die Schaffung einer neuen Weltordnung!“

Disperdal
13. Mai 2018 - 22.50

Alle die, die eine neue Weltordnung schaffen wollten, holten sich eine blutige Nase. So wird‘s auch dem Jerusalemer Bürgermeister gehen.