Air France: Ein Kanadier soll aufräumen

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Die Probleme bei Air France sind groß. Auch weil der Aufsichtsrat immer das schwierige Gleichgewicht mit dem Staat suchen muss. Mit Benjamin Smith wurde ein Kanadier zum Chef des Luftfahrtunternehmens ernannt. Aber das ist – wieder – nur der halbe Weg. Denn die notwendige Neuordnung in der Unternehmensstruktur hat der Aufsichtsrat nicht vorgenommen.

Es war eine schwierige Geburt. Drei Monate hat eine Findungskommission benötigt, um einen neuen Chef für das französisch-niederländische Luftfahrtunternehmen Air France zu finden. Die Kandidaten standen nicht gerade Schlange. Und als man mit dem Finanzchef von Veolia einen passenden Kandidaten gefunden zu haben glaubte, fand dessen Name noch während der Sondierungsgespräche den Weg in die Öffentlichkeit. Die Folge:  Gewerkschaften und Berufsverbände im Unternehmen protestierten scharf, kündigten Streiks an. Der Aufsichtsrat zuckte zurück und suchte neu.

Und nun ist es ein Kanadier. Die Reaktion der Piloten und Berufsverbände war nicht überraschend. Sie werden sich am 27. August treffen und beraten, ob sie wieder streiken werden. Denn auch Benjamin Smith passt ihnen nicht. Der Chef des Pilotenverbandes, Philippe Evain, sieht darin eine Einflussnahme des Aktionärs Delta und in der Person des Nordamerikaners eine „Auslieferung von Air France an die USA“.

Neuer Chef ist ausgewiesener Fachmann

Smith aber ist ein ausgewiesener Fachmann, kommt aus der Luftfahrt, hat mit Air Canada ein Luftfahrtunternehmen vor dem Konkurs gerettet und zu einer florierenden Fluggesellschaft gemacht. Da also fachlich nichts gegen denn Mann einzuwenden ist, regen sich die Personalvertreter über sein Gehalt auf. Er soll nämlich bis zu 4,8 Millionen Euro pro Jahr verdienen.

Davon sind 900.000 Euro fix, der Rest sind erfolgsabhängige Boni und Aktien von Air France. In Frankreich herrscht, insbesondere im linken politischen Bereich, der Gedanke vor, dass ein Vorstandsvorsitzender nicht mehr als 20 Mal den Mindestlohn – sprich 40.000 Euro – verdienen darf. Der ehemalige Chefredakteur der der kommunistischen Partei nahestehenden Tageszeitung L’Humanité malte in einer Diskussion das Bild an die Wand, dass ein Vorstandsvorsitzender Millionen verdient, während seine Sekretärin mit dem Mindestgehalt nach Hause geht.

Vorgänger verdiente das selbe

Der Vorgänger von Benjamin Smith verdiente ebenfalls 900.000 Euro jährlich. Über seine Boni wurde in der Öffentlichkeit nie geredet. Die Piloten von Air France liegen in der Liste der bestbezahlten Piloten in Europa übrigens auf Platz eins. Und sie fordern eine Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent.

In Frankreich wird ein Vorstandsvorsitzender ideologisch gleichgesetzt mit den Arbeitern des Unternehmens. Der Wirtschaftswissenschaftler Pascal Perri, der täglich auf dem Nachrichtensender LCI eine einstündige Diskussionssendung über Wirtschaftsthemen moderiert, hält dagegen, dass man in Frankreich endlich einsehen müsse, dass ein Vorstandsvorsitzender Stratege und Visionär sein müsse, um Entwicklungen zu erkennen, zu gestalten und das Unternehmen zu führen.

Bei Air France braucht ein Chef Mut, denn der Posten des Vorstandsvorsitzenden ist ein Schleudersitz. In diesem Unternehmen glauben die Piloten, dass sie den Weg der Gesellschaft bestimmen. Während bei der Lufthansa ein Interessenausgleich zwischen Personal und Firmenleitung stattfindet, gibt es bei Air France einen stetigen Machtkampf mit dem Ziel der Piloten, ihre Ansprüche durchzusetzen. Das geht so weit, dass es auch zu Handgreiflichkeiten etwa gegenüber dem Personalchef – kommt.

KLM wirtschaftet besser

Der Konzern leidet auch unter seiner Konstruktion. KLM, der niederländische Teil der Gruppe, weist eine um zwei Drittel bessere Produktivität als Air France auf. Und bei der niederländischen Airline werden die Vorbehalte gegenüber Air France immer größer. Der Vorstandsvorsitzende der Gruppe war immer ein Franzose, der aus der französischen Elite hervorging. Der wiederum sah sich mehr als Chef von Air France – und verstand, die Wünsche der Belegschaft zu befriedigen. Bei KLM gab es daher immer wieder Vorwürfe, dass Air France die eigenen wirtschaftlichen Erfolge der KLM aufzehre. Die Gewinne bei Air France blieben deutlich hinter denen von KM zurück.

Die Streiks führten im ersten Quartal dieses Jahres zudem zu zusätzlichen Kosten von 338 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2018 ist Air France insgesamt aber wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Die grundsätzliche Idee, die Unternehmensstruktur zu verändern, hat der Aufsichtsrat aber nicht verwirklicht. Stattdessen heißt es, dass man abwarten wolle, mit welcher Mannschaft Smith antreten wolle.

Staat will sich raushalten

Bisher haben sich die Gewerkschaften bei Auseinandersetzungen immer auf den Staat verlassen können. Wirtschaftsminister Bruno le Maire hat verdeutlicht, dass das zukünftig nicht mehr gilt. Er müsse sich mit Partnern abstimmen. Im Kapital der Fluggesellschaft ist der Staat noch mit 14,8 Prozent vertreten. Aber über eine Kapitalerhöhung sind die US-Fluggesellschaft Delta und die chinesische Fluggesellschaft China Eastern mit insgesamt 15 Prozent vertreten. Die Personalie Benjamin Smith soll zwischen den drei Partnern beschlossen worden sein – inklusive des Gehalts.

In Frankreich glaubt niemand daran, dass Air France von der Landkarte verschwinden wird. Aber Fachleute halten es für möglich, dass die Bedeutung der Fluggesellschaft schwindet und zwischen IAG (British Airways, Vueling) und Lufthansa (Lufthansa, Austrian Airlines, Swiss, Brussels Airlines) zu einer kleinen Gesellschaft wie etwa Alitalia zerrieben wird. Air France muss nämlich das Geld für Investitionen in neue Flugzeuge selbst verdienen und auch die Verluste durch Streiks selbst verdauen.

Anders als in den 90er Jahren, als der Staat das Unternehmen vor dem Konkurs rettete, darf die französische Regierung es heute nicht mit einem Cent unterstützen. Mitbewerber wie British Airways und auch Lufthansa würden wegen Wettbewerbsverfälschung klagen. Le Maire hat in der Öffentlichkeit auch klargestellt, dass die Regierung für die Schulden von über einer Milliarde Euro und die durch die Arbeitskämpfe eingetretenen Verluste nicht einstehen wird.

Wer ist Benjamin Smith?

Benjamin Smith hat zunächst eine kleine Fluggesellschaft – Air Ontario – geleitet. Dann machte er sich selbstständig und gründete ein Reisebüro. Als Finanzchef bei Air Canada übernahm er die Low-Cost-Gesellschaft Tango, schloss sie und machte daraus  „Air Canada Rouge“, heute die Low-Cost-Fluggesellschaft des Unternehmens.

Die wichtigste Errungenschaft in seiner Tätigkeit als Mitglied des Vorstandes von Air Canada war ein Tarifvertrag mit den Piloten, der über zehn Jahre läuft – und zwar bis 2020. Benjamin Smith rettete Air Canada, die sich bei seinem Eintritt in das Unternehmen in einem schlechten Zustand befand, und konnte durch den Tarifvertrag mit den Piloten das Unternehmen in Ruhe konsolidieren.

Air Canada verfügt heutzutage über 400 Flugzeuge und 30.000 Beschäftigte in der Welt.  Bei Air France wird er ein Unternehmen verantworten, das über 545 Flugzeuge verfügt, 80.000 Menschen beschäftigt und sich in einem Zustand fortlaufender sozialer Unruhe befindet.

Pilotengehälter in Europa

  1. Den ersten Platz belegt Air France KLM. Bei dieser Fluggesellschaft verdient ein Kapitän schon 134.000 Euro als Einstiegsgehalt. Das Jahresgehalt steigt auf etwa 230.000 Euro. Dagegen verdient ein Co-Pilot lediglich 49.000 Euro jährlich.
  2. Lufthansa zahlt seinen Kapitänen als Einstiegsgehalt circa 106.000 Euro. Der Lohn eines Piloten erhöht sich im Laufe der Dienstjahre auf 225.000 Euro. Der Verdienst eines Co-Piloten liegt bei 63.000 Euro.
  3. Auch bei Tui Fly erhält der Co-Pilot ein Jahresgehalt von 63.000 Euro, während der Kapitän zu Beginn 106.000 Euro bekommt und später bis zu 204.000 Euro verdienen kann.
  4. Piloten bei British Airways erhalten ein Einstiegsgehalt von 77.000 Euro, welches sich im weiteren Dienstverlauf auf bis zu 181.000 Euro steigern kann. Der Co-Pilot bekommt rund 61.000 Euro jährlich.
  5. Auf Platz vier befindet sich die Schweizer Fluglinie Swiss mit einem Einstiegsgehalt für Piloten von 124.000 Euro. Das Jahresgehalt der Kapitäne kann sich auf 174.000 Euro erhöhen. Die Co-Piloten dieser Fluggesellschaft erhalten ein Jahresgehalt von 74.000 Euro.
  6. Easyjet Schweiz zahlt seinen Kapitänen ein Jahresgehalt von bis zu 134.000 Euro. Die Co-Piloten bekommen 52.000 Euro jährlich.
  7. Bei Easyjet Spanien bekommt ein Kapitän 113.000 Euro zu Beginn seiner Karriere. Das Jahresgehalt erhöht sich im Laufe der Dienstjahre auf 131.000 Euro. Ein Co-Pilot verdient jährlich rund 49.000 Euro.
  8. Ein Pilot der skandinavischen Fluggesellschaft SAS bekommt zu Beginn 62.000 Euro. Das Jahresgehalt steigert sich auf 120.000 Euro. Co-Piloten bei SAS verdienen 38.000 Euro jährlich.
  9. Bei der Airline Emirates verdienen die Kapitäne 98.000 und die Co-Piloten 69.000 Euro pro Jahr.
  10. Ein Kapitän bei Etihad verdient am Anfang rund 84.000 Euro und kann sein Jahresgehalt auf bis zu 94.000 Euro erhöhen. Co-Piloten verdienen rund 62.000 Euro jährlich. Die Etihad-Gehälter sind Netto-Gehälter.
    Quelle: handelszeitung.ch
Olga
26. August 2018 - 17.56

"Die Piloten von Air France liegen in der Liste der bestbezahlten Piloten in Europa übrigens auf Platz eins. Und sie fordern eine Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent." Domat ass alles gesot. Déi gehéieren dohi wou d'Lofleidir an vill aner scho laang sinn. D'Luxair wäert net wäit hannendru sinn, déi hunn och schonn Dekade laang Dosende Milliounen Defizit.