Indien torpediert Handels-Abkommen

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Tauziehen ohne Erfolg: Trotz intensiver Verhandlungen verfehlte die WTO den erhofften endgültigen Durchbruch zum ersten globalen Handels-Abkommen. Indien stellte sich quer. Die Enttäuschung ist groß.

Das erste globale Abkommen über Handelserleichterungen in der fast 20-jährigen Geschichte der Welthandelsorganisation (WTO) ist am Widerstand Indiens bis auf weiteres gescheitert. Die letzte Frist zur Unterzeichnung eines Protokolls, mit dem entsprechende Vereinbarungen der Welthandelskonferenz auf Bali im vergangenen Dezember besiegelt werden sollten, lief in der Nacht zum Freitag aus.

„Wir waren nicht in der Lage, eine Lösung zu finden, mit der wir den Graben hätten überbrücken können“, erklärte WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo bei der entscheidenden Sitzung des WTO-Generalrates in Genf vor den Vertretern der 160 Mitgliedsstaaten. US-Außenminister John Kerry und die US-Handelsministerin Penny Pritzker hatten kurz zuvor bei Gesprächen in Neu Delhi noch versucht, Indiens neue nationalkonservative Regierung umzustimmen.

Alle Staaten müssen einverstanden sein

Indien und einige wenige Unterstützer – darunter Kuba und Venezuela – waren zwar im WTO-Generalrat isoliert. Jedoch können wichtige Beschlüsse der Organisation nur in Kraft treten, wenn sämtliche WTO-Staaten sie absegnen.

Die USA „bedauern, dass eine Handvoll Mitglieder sich entscheiden haben, ihre Zusagen nicht zu erfüllen“, die sie auf Bali gegeben hätten, erklärte der US-Handelsbeauftragte Michael Froman. Das dabei vereinbarte „Bali-Paket“ sieht neben Unterstützung für arme Länder vor allem globale Handelserleichterungen durch den Abbau von Zollformalitäten und anderen Hemmnissen für den Warenaustausch vor.

Wachstumsimpulse wären möglich

Die Vereinbarungen könnten nach Einschätzung der Internationalen Handelskammer (ICC) Wachstumsimpulse im Umfang von bis zu einer Billion Dollar ermöglichen. Weltweit wäre laut ICC die Schaffung von 21 Millionen neue Arbeitsplätzen möglich.

Indiens neue Führung unter Premierminister Narendra Modi will jedoch das Protokoll zum Bali-Abkommen über Handelserleichterungen nur noch dann unterzeichnen, wenn dem Land dauerhaft eine Ausnahmegenehmigung für die Subventionierung von Grundnahrungsmittel für Millionen von Armen eingeräumt wird.

Zeit bis 2017

Die Vorgängerregierung hatte sich auf Bali noch mit einem Übergangszeitraum bis 2017 einverstanden erklärt. In dieser Zeit sollte eine dauerhafte Regelung für staatliche Agrarsubventionen erarbeitet werden. Diese wollte Neu Delhi nun schon jetzt durchsetzen, was die übergroße Mehrheit der WTO-Staaten ablehnte.

„Dieser Misserfolg ist ein schwerer Schlag für die in Bali wieder hergestellte Zuversicht, dass die WTO ausgehandelte Ergebnisse liefern kann“, erklärte Australiens Handelsminister Andrew Robb. Indiens Wirtschaft zeigte allerdings Verständnis für ihre Regierung: „Wir befürworteten Handelserleichterungen,… aber hier geht es um die Sorgen und Nöte von 700 Millionen Menschen“, sagte ein Sprecher des Industrieverband CII.

Nach Einschätzung von Diplomaten droht die Organisation erneut in eine Sackgasse zu geraten. Darunter würden weniger die großen Volkswirtschaften leiden, sagte Azevêdo. Sie hätten andere Optionen, um ihre Handelsbeziehungen voranzubringen. Leidtragende des Scheiterns der Bemühungen um ein globales Abkommen wären in erster Linie Entwicklungsländer. Der WTO-Chef rief alle Delegationen auf, im September die Suche nach einer Kompromisslösung erneut aufzunehmen.