Generalanwalt Range entlassen

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(Ralf Stockhoff)

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Der Konflikt um das Vorgehen in der "Netzpolitik"-Affäre in Deutschland hat Generalbundesanwalt Harald Range das Amt gekostet.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kündigte am Dienstag nach heftigen Vorwürfen Ranges an, den 67-jährigen Generalbundesanwalt Harald Range in den Ruhestand zu versetzen. Für die Grünen, die Range als „Bauernopfer“ bezeichneten, ist die Affäre damit aber noch nicht beendet. Auch die FDP forderte weitere Konsequenzen. „Ich habe Generalbundesanwalt Range mitgeteilt, dass mein Vertrauen in seine Amtsführung nachhaltig gestört ist“, sagte Maas in Berlin.

Er habe deshalb „im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt“ entschieden, Ranges Versetzung in den Ruhestand beim Bundespräsidenten zu beantragen. Mit der Entlassung Ranges findet die von gegenseitigen Schuldzuweisungen befeuerte Affäre um die Ermittlungen wegen Landesverrats gegen das Internetportal „Netzpolitik.org“ ihren vorläufigen Höhepunkt. Maas und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) waren zuvor bereits auf Distanz zu Range gegangen.

Ermittlungen wegen Landesverrats

Der Generalbundesanwalt hatte nach einer Anzeige von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen Ermittlungen wegen Landesverrats gegen zwei Journalisten von „Netzpolitik.org“ eingeleitet, weil sie aus internen Dokumenten des Verfassungsschutzes zitiert hatten. Dies löste eine Welle der Empörung aus, Kritiker sprachen von einem Angriff auf die Pressefreiheit. Maas reagierte mit dem Antrag auf Entlassung Ranges schließlich auf heftige Anschuldigungen, die der Jurist am Dienstagmorgen in Karlsruhe geäußert hatte.

Range warf dem Minister vor, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen und damit in die Unabhängigkeit der Justiz einzugreifen. Das Justizministerium habe ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zur möglichen Einstufung der von „Netzpolitik“ veröffentlichten Unterlagen als Staatsgeheimnis gestoppt, sagte Range. Diesen Vorwurf wies Maas als „nicht zutreffend“ zurück. „Richtig ist vielmehr, dass bereits am vergangenen Freitag mit Generalbundesanwalt Range die Rücknahme des externen Gutachtenauftrags gemeinsam verabredet war und zwar ohne Kenntnis eines möglichen Ergebnisses des Gutachtens“, hob der Minister hervor. „Die Äußerungen und das vom Generalbundesanwalt Range heute gewählte Vorgehen sind nicht nachvollziehbar und vermitteln der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck.“

„Schwerer Fehler“

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi verteidigte Maas‘ Vorgehen. Er habe aus Ranges „Vertrauensbruch“ die richtig Konsequenz gezogen. Ohnehin seien die Ermittlungen gegen „Netzpolitik.org“ ein „schwerer Fehler“ gewesen. Die Grünen bezeichneten Range hingegen als „Bauernopfer“. Die Aufklärung müsse sich nun auf Maas, Verfassungsschutzpräsident Maaßen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fokussieren, sagte der Vize-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz. Der „inakzeptable Angriff auf die Pressefreiheit“ sei im Bundesamt für Verfassungsschutz ausgeheckt worden, sagte Notz. Hinter dem „Fiasko“ zwischen Justizministerium und Bundesanwaltschaft „darf sich das Bundesinnenministerium mit seiner eigenen Verantwortung nicht verstecken“.

Auch FDP-Chef Christian Lindner sieht Maaßen in der Verantwortung. Dieser habe die Anzeige gestellt, „um von den Versäumnissen bei der NSA-Affäre abzulenken“, sagte Lindner dem „Tagesspiegel“. Der Richterbund (DRB) forderte ebenfalls Konsequenzen aus der Affäre. DRB-Präsident Christoph Frank sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, das politische „Weisungsrechts gegenüber der Staatsanwaltschaft im Einzelfall“ müsse abgeschafft werden. Der Justizminister dürfe seine juristische Aufsicht über den Generalbundesanwalt nicht „einem politischen Kalkül opfern“.

Nachfolger Ranges soll nach dem Willen von Maas der Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank werden. Der frühere Richter am Oberlandesgericht München war erst im März in dieses Amt eingeführt worden.

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