Ein Foto und ein kleiner Unterschied

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Obama verfolgt die Jagd auf Osama: Das Foto aus dem Weißen Haus ist zur Ikone geworden. Eine jüdisch-orthodoxe Zeitung hat es gedruckt – und dabei etwas "vergessen".

Photoshop macht auch vor Zeitdokumenten nicht halt. Den Nachweis dafür lieferte das in jiddischer Sprache erscheinende Blatt „Di Tzeitung“ aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn, in dem viele orthodoxe Juden leben. Es druckte letzte Woche die Aufnahme, die US-Präsident Barack Obama und den Nationalen Sicherheitsrat zeigt, wie sie die Aktion gegen Osama Bin Laden im Situation Room des Weissen Hauses verfolgen.

Ein Blogger entdeckte den kleinen, aber nicht unwesentlichen Unterschied: „Di Tzeitung“ publizierte das Foto ohne Außenministerin Hillary Clinton, die sich die Hand vor den Mund hält. Auch Audrey Tomason, die Direktorin der Nationalen Antiterror-Zentrale, die im Hintergrund den Einsatz verfolgt, wurde vom ultraorthodoxen Blatt mit Photoshop entfernt.

„Aus Gründen der Sittlichkeit“

Die digitale „Ausmerzung“ der beiden Frauen sorgte für Wirbel und zwang „Di Tzeitung“ zu einer Stellungnahme. Darin verteidigte sie sich mit Verweis auf die von der US-Verfassung garantierte Religionsfreiheit: „Aus Gründen der Sittlichkeit dürfen wir keine Fotos von Frauen veröffentlichen.“ Dies stufe sie in keiner Weise auf einen niedrigen Status hinab. Man bedaure, wenn dieser Eindruck entstanden sei, hieß es weiter.

Der Vorfall verdeutlicht, dass strenggläubige Kreise nicht nur im Islam, sondern auch in anderen Religionen Probleme mit Frauen haben. Wohl auch deshalb betonte das Brooklyner Blatt seinen Respekt vor Hillary Clinton, die als Senatorin von New York von den jüdisch-orthodoxen Gemeinden zweimal mit überwältigender Mehrheit gewählt worden sei.

Die Affäre könnte dennoch ein Nachspiel haben, denn das Weisse Haus veröffentlicht Fotos nur mit der Vorgabe, dass sie nicht verändert werden. Der Bildredaktor habe „in seiner Eile“ das Kleingedruckte nicht gelesen, schrieb „Di Tzeitung“. Ein ranghoher Mitarbeiter des Weißen Hauses wollte die Angelegenheit gegenüber CNN nicht kommentieren.