Dutzende Polizisten hinter Gitter

Dutzende Polizisten hinter Gitter
(AP)

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In der Türkei sind bei einem landesweiten Einsatz am Dienstag rund 100 ranghohe Polizisten festgenommen worden.

Bei einer landesweiten Großrazzia gegen mutmaßliche Regierungsgegner in der Türkei sind am Dienstag rund hundert ranghohe amtierende und ehemalige Polizisten festgenommen worden. Nach der Durchsuchung von mehr als 200 Einrichtungen allein in Istanbul war auf Fernsehbildern zu sehen, wie die Festgenommenen in Handschellen abgeführt wurden.

Türkische Medien sprachen von einem gezielten Schlag gegen die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Die Ermittlungsbehörden hatten insgesamt 115 Haftbefehle ausgestellt, von denen 67 vollstreckt werden konnten. Allein 40 derzeitige und frühere Führungskräfte der Polizei wurden Fernsehberichten zufolge in Istanbul festgenommen, darunter zwei ehemalige Leiter der städtischen Anti-Terror-Einheit, Yurt Atayun und Ömer Köse. Atayun bezeichnete seine Festsetzung als „politisch motiviert“.

Razzien in 22 Städten

Am frühen Morgen gab es Razzien in 22 Städten der Türkei, wie die Tageszeitung „Hürriyet“ berichtete. Durchsucht wurden auch Objekte in der Hauptstadt Ankara sowie in Izmir und Diyarbakir. Den Festgenommen werden Spionage, illegale Telefonüberwachung, Dokumentenfälschung, Verletzung der Privatsphäre, Beweisfälschung sowie die Preisgabe von Ermittlungsinformationen vorgeworfen. 2280 Zielpersonen sollen abgehört worden sein, darunter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, verschiedene Minister und Geheimdienstchef Hakan Fidan.

Zusätzliche Brisanz erhält die Razzia durch die am 10. August anstehende Präsidentenwahl, bei der sich Erdogan ins höchste Staatsamt wählen lassen will. Seine islamisch-konservative Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) trägt einen Machtkampf mit der Bewegung des im US-Exil lebenden Gülen aus, der landesweit über Millionen Anhänger verfügen soll.

Erdogan fordert …

Wegen eines angeblichen Komplotts des Gülen-Netzwerks gegen seine Regierung ließ Erdogan schon tausende Polizisten, Richter und Staatsanwälte zwangsversetzen oder entlassen. Am Montagabend hatte Erdogan in einem Fernsehinterview angekündigt, den Kampf gegen die Gülen-Bewegung fortzusetzen. Von den USA verlangte der seit elf Jahren regierende Ministerpräsident die Auslieferung des Predigers. „Ich erwarte von den Vereinigten Staaten, dass sie zu der Gülen-Sache Stellung beziehen“, sagte Erdogan.

Im türkischen Parlament sagte Erdogan am Dienstag, er erwarte eine nochmalige Ausweitung der Ermittlungen. „Wir gucken erstmal, was dabei herauskommt.“ Als einstige Verbündete hatten Erdogan und Gülen die politische Landschaft der Türkei verändert, die jahrzehntelang von säkularen Regierungen und der mächtigen Armee geprägt worden war. Weil ihm ein Prozess drohte, setzte sich Gülen 1999 in die USA ab. Er bestreitet, hinter den Korruptionsvorwürfen gegen Erdogans Regierung zu stehen und einen verschwörerischen „Parallelstaat“ aufgebaut zu haben.