Viele Herausforderungen – wenig Lösungen

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Die Luxemburger Autobranche wünscht sich für 2016 endlich ein „normales“ Jahr, sieht einen Wechsel in der Mentalität der Kunden, veränderte Mobilitätsansprüche, strenge Umweltauflagen und einen bedenklichen Mangel an qualifiziertem Nachwuchs. Minister François Bausch sieht den Mobilitätssektor in einem gigantischen Wandelprozess

Es gibt Zahlen, die beeindrucken, sind besorgniserregend oder stimmen optimistisch. Laut Statistik hat der Luxemburger Automarkt im Geschäftsjahr 2015 6,7% weniger Autos als in 2014 verkauft. Einer der Gründe mag die Erhöhung der Mehrwertsteuer gewesen sein, doch sollte man nicht aus den Augen verlieren, auf welch hohem Niveau sich die Branche in den letzten Jahren bewegt hat, meinte Ed. Goedert, Präsident der ADAL anlässlich des traditionellen Empfangs zum Auto-Festival, zu dem ADAL und Fegarlux vorgestern Montag, den 11. Januar, in der Chambre des Métiers eingeladen hatten.

Proportional besser als Deutschland

Interessant sind in diesem Kontext die Zahlen aus der Schweiz und aus Deutschland, die Ed Goedert anführte: in Deutschland, mit 85 Millionen Einwohnern, wurden in 2014 um die 3 Millionen Neuwagen angemeldet, in der Schweiz 400.000. Das ergibt in Deutschland 17.600 Autos pro 500.000 Einwohner, in der Schweiz etwa 24.000 Autos. Das 500.000-Einwohner-Land Luxemburg kam in 2014 auf 49.000 Neuanmeldungen. Einen Rückgang von 6,7% in 2015 müsste man demzufolge verkraften können, behauptete Ed. Goedert. Es waren vor allem die Privatkäufe, die in 2015 zurückgingen, ohne die Leasingautos hätte die Bilanz durchaus schlechter ausgesehen. In diesem Zusammenhang sind sich Fegarlux und ADAL, sowie auch der Verband der Autoverleiher FLLV, einig, wenn sie die angekündigte Erhöhung der Besteuerung von Firmenwagen als Bedrohung für die Branche ansehen. Ein heikles Thema, doch Minister Bausch meinte in seiner Rede, dass man hier erst einmal die Modalitäten und Voraussetzungen in Betracht ziehen muss, unter denen diese Steueranpassung zur Anwendung kommt.

Positive Signale

Ernest Pirsch, Präsident der Fegarlux, sah einige positive Signale, nicht zuletzt durch den Dialog mit dem Gesetzgeber, der auf Drängen der Branche die Bedingungen und Zeiträume für die Anmeldung von Neuwagen den Gegebenheiten in den anderen europäischen Ländern anpassen soll. Februar 2016 soll das Gesetz zur Reform der Technischen Kontrolle in Kraft treten, erwartet Minister Bausch. Dazu gehört auch die Abschaffung der Konformitäts-Kontrolle, also das Vorführen von Neuwagen in den jeweiligen Kontrollstationen. Immerhin passieren die Neuwagen vor Auslieferung an den Kunden eine „Pre-delivery inspection“, also eine „Vorauslieferungs-Kontrolle“ in den Werkstätten der jeweiligen Händler und Verkäufer.

Wartezeiten

Dass die Besuche in den Stationen Sandweiler, Esch oder Wiltz noch lange nicht reibungslos ablaufen, was die Wartezeiten bei den Immatrikulationen betrifft, ist zu einem grossen Teil auf das Nicht-Einhalten der abgemachten zeitlichen Termine zurück zu führen, erklärte Serge Muller, Directeur de production adjoint von der SNCA. Eine Feststellung, die weniger die Privaten als vielmehr die Händler und Werkstätten betrifft.

Zukunftsmusik oder faule Töne?

Es heisst, dass unser Fuhrpark in 2020 zu 10% aus Elektrofahrzeugen bestehen wird. Fegarlux und ADAL fordern vom Gesetzgeber finanzielle Anreize zum Kauf dieser Autos von denen man viel redet, die sehr teuer sind, nur in kleiner Auswahl vorhanden und nur schwer an den Mann bezw. die Frau gebracht werden können, weil der Luxemburger nur schwer einsieht, warum er mit einem Elektroauto im Stau stehen soll, wenn alle anderen das mit einem Dreiliter SUV tun dürfen und das bei den jetzigen Benzinpreisen! Es heisst auch, dass „man“ plant, 800 Ladesäulen für E-Mobile quer durch das Land aufzustellen.

Nachwuchssorgen

Ed Goedert und Ernest Pirsch sind sich einig in der Einschätzung, dass es den Handwerksberufen, insbesondere dem des Fahrzeug-Mechanikers, an „Glamour“ fehlt, dass das Handwerk nicht die Anziehungskraft auf die Jugend ausübt, die es eigentlich sollte hinsichtlich seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung. Die Ausbildung von qualifiziertem Nachwuchs in einer von fortschrittlicher Technologie und viel Elektronik dominierten Branche ist schon schwer genug, schwerer ist es, die Nachwuchskräfte zum Schritt in diese Branche zu bewegen. Ed Goedert trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er meint, dass der Mechaniker- oder Karosserie-Beruf eine wichtige Tätigkeit darstellen, die in unserer Gesellschaft höher bewertet sein müsste.

Mentalitätswechsel

Es wäre falsch, den Trend zu alternativen Transportmitteln zu unterschätzen, warnte Ed Goedert. Besonders die Jugend sieht im Auto etwas anders als wir das früher taten. Der Kunde hat andere Ansprüche, warum ihm nicht ein Gesamt-Mobilitätskonzept anbieten, in dem der Autohändler eine zentrale Rolle spielt, fragt er und erklärt, eine solche Zusammenarbeit mit dem Kunden gehe über den klassischen Ersatzwagen bei Werkstattbesuchen hinaus und erstrecke sich auf andere Dienstleistungen in Sachen Mobilität, die jetzt vielleicht utopisch erscheinen, in Zukunft jedoch aus dem Auto-Zenter oder der Werkstatt eine Anlaufstelle für die Weiterverbindung des Kunden zum öffentlichen Transport wie Bus oder Tram machen.

Gigantischer Wandel in der Mobilität

Der ganze Mobilitätssektor sei in einem gigantischen Wandel begriffen, meinte Minister François Bausch in seiner Rede und gab zu bedenken, dass die strengen Umweltauflagen für Automobile nicht aus nationaler Küche stammen, sondern das Ergebnis internationaler Entscheidungen sind. Der Transportsektor ist weltweit der einzige, der in den letzten 20 Jahren in puncto CO2-Ausstoss konstant zugelegt hat. Luftverschmutzung und Individualverkehr in Ballungsgebieten stellen uns vor grosse Herausforderungen.