Sex im Vatikan

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Videos von schwulen Priestern und eine Nonne, die Freude am Sex hat. Das Buch eines italienischen Enthüllungsjournalisten sorgt schon vor seiner Erscheinung für großen Wirbel.

Mit dem Buch „Sex and the Vatican – geheime Reise ins Reich der Keuschen“ sticht Carmelo Abbate in ein Wespennest. Der Journalist des italienischen Magazins „Panorama“ beschreibt aufgrund umfangreicher Recherchen detailliert das Doppelleben von Priestern zwischen Zölibat und Sex. Dabei geht es nicht um Pädophile, sondern um Geistliche, die nicht keusch leben können oder wollen und deshalb ihre Sexualität im Verborgenen ausleben.

Obwohl das Buch erst morgen in Italien und in Frankreich auf den Markt kommt, hat es bereits für Kontroversen gesorgt. Denn Abbate vertieft auf über 400 Seiten, was er im Rahmen einer Reportage bereits im vergangenen Sommer aufdeckte. Damals begleitete er einen Informanten, den er als seinen Lebenspartner ausgab, während dreier Wochen in der Schwulenszene Roms. Dabei erlebte und dokumentierte er mit verdeckt gefilmten Aufnahmen (siehe Video), wie katholische Priester ihr Zölibat brachen und anderntags wieder Messen zelebrierten.

Die Kirche in Rom bezeichnete in der Folge die Reportage als unfundiert und als Versuch, um jeden Preis einen Skandal herbeizuschreiben. In einer offiziellen Mitteilung hielt Kardinal Agostino Vallini, Vikar von Papst Benedikt XVI, fest: „Der Zweck des Artikels ist es offensichtlich, sämtliche Priester aufgrund von einzelnen Aussagen zu verunglimpfen und die Kirche zu diskreditieren.“ Den schwulen Priestern, die ihre Sexualität auslebten, riet die Kirche sich zu outen und ihren Talar abzugeben.

Sex als Beruhigung

Aus diesem Grund bleiben sämtliche Befragten in Abbates Buch anonym. Er habe das versteckte Ausleben der Sexualität dokumentieren, nicht die einzelnen Personen denunzieren wollen, so der Autor. Abbate ist überzeugt, der Zölibat funktioniere nie und habe auch nie funktioniert.

Für sein Buch weitete der 39-Jährige deshalb seine Recherchen auf andere italienische Städte und auch ausserhalb Italiens aus. Das Resultat ist eine Aneinanderreihung von Begegnungen, Gesprächen, schmerzhaften und expliziten Erfahrungen. So erzählt Abbate von einem Priester, der ihm seine umfassende Sammlung Schwulenpornos zeigt, einem anderen Priester, der Frauen in Discos aufreisst, oder von einer Nonne, die Sex als Beruhigung versteht.

Nur Einzelfälle?

Unklar bleibt jedoch, ob es sich bei den im Buch festgehaltenen Geschichten um zahlreiche Einzelfälle handelt oder ob sie der Regel entsprechen. Der Autor selbst hielt am Dienstag in einem Artikel auf sky.it fest, dass das Phänomen schwierig zu erfassen sei, da es keine offiziellen Zahlen gebe. Abbate greift deshalb auf Studien zurück, wie jene des amerikanischen Psychiaters Richard Sipe, um die Erfahrungen seiner Reportagen einzuordnen. Sipe geht davon aus, dass ein Viertel aller amerikanischen Priester nach ihrer Weihe Sex mit Frauen hatte. 30 Prozent seien schwul und weitere 20 Prozent hätten Schwierigkeiten mit ihrer sexuellen Orientierung.

Der Soziologe James G. Wolf schätzt, dass 48 Prozent der amerikanischen Priester homosexuell sind. Aus seinen Umfragen geht laut Abbate hervor, dass der Zölibat für 58 Prozent eher ein Ideal darstellt als ein Gesetz, das es zu befolgen gilt. 35 Prozent der Befragten interpretierten das Keuschheitsgelübde eher als Verpflichtung, nicht zu heiraten, als auf Geschlechtsverkehr zu verzichten.

Zum Video

Journalist Carmelo Abbate und sein Informant filmten mit versteckter Kamera Priester unter andrem an Gay-Partys, beim Sex und beim Abhalten einer „privaten Messe“.