Ziel war es, auf Missstände aufmerksam zu machen

Ziel war es, auf Missstände aufmerksam zu machen
(Daniel Bockwoldt/ dpa)

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Am dritten Verhandlungstag des „School Leaks“-Prozesses kamen nun die drei Sekundarschullehrerinnen zu Wort. Sie müssen sich vor Gericht wegen „violation du secret professionnel“ und „recel d’information“ verantworten.

Am Mittwoch fand der dritte Verhandlungstag des sogenannten
„School Leaks“-Prozesses statt. Im Fokus standen in dieser Sitzung die Aussagen der Angeklagten. Drei Sekundarschullehrerinnen sowie der Lebensgefährte einer der Lehrerinnen wurden wegen „violation du secret professionnel“ und „recel d’information“ angeklagt. Sie konnten nun nochmals vor Gericht ihr Handeln erläutern und erklären.

Die drei Lehrerinnen gaben an, mit dem Ziel gehandelt zu haben, auf Missstände im Umgang mit den Leistungstests im Zyklus 4.2 der Grundschule aufmerksam machen zu wollen.

Aus Wut gehandelt

Tatiana K. erläuterte in ihrer Aussage, dass sie regelrecht wütend geworden sei, als sie bemerkt habe, dass die Prüfungsunterlagen noch vor Abschluss der Tests vom Bildungsministerium an die Mitglieder des „Conseil d’orientation“ verschickt wurden. Sie selbst ist kein Mitglied eines „Conseil“. Für sie sei umgehend klar gewesen, dass sie dies an die Öffentlichkeit bringen musste. Daraufhin habe sie ihren Lebensgefährten kontaktiert, der Mitglied bei der CSV ist (siehe „T“ von vom 10. Januar 2017), sowie die Dokumente an diverse Presseorgane weitergegeben.

Zum einen sei sie fassungslos gewesen, wie fahrlässig das Ministerium mit diesen Dokumenten umgegangen sei, indem die Unterlagen frühzeitig an alle Mitglieder des „Conseil d’orientation“ verschickt wurden. Zum anderen habe sie sich darüber empört, dass in diesem „Conseil“ auch Mitglieder seien, deren eigene Kinder sich 2015 in einer Klasse des Zyklus 4.2 befanden. „Ich wollte, dass dieser Missstand öffentlich wird, um zu zeigen, dass die Prozedur bezüglich dieser Tests faul ist und ich hatte es satt, dass einige Vorteile daraus ziehen und andere nicht“, so Tatiana K.

Fahrlässiger Umgang mit den Unterlagen

Sie gab an, aus dem Bauch heraus gehandelt und nicht nachgedacht zu haben. Auch die angeklagte Sekundarschullehrerin Natacha F. gab an, dass sie gehofft habe auf Missstände aufmerksam zu machen. Sie erläuterte, dass sie bereits seit mehr als vier Jahren Mitglied des „conseil d’orientation“ sei. Während dieser Jahre sei ihr immer wieder von Kollegen zu Ohren gekommen, dass die Prüfungsunterlagen bereits im Vorfeld im Umlauf waren oder Grundschullehrer die Tests gezielt mit ihren Schülern geübt hätten.

Wirklich thematisiert habe man das Problem jedoch nie in den Versammlungen des Orientierungsrats. Auch seien bereits in den Jahren zuvor die Unterlagen an alle Mitglieder des „Conseil“ geschickt worden; dies bestätigten auch die beiden anderen angeklagten Lehrerinnen. Dies widerspreche den Erläuterungen des Bildungsministeriums, die Unterlagen seien nur auf Anfrage verschickt worden.

Sie selbst habe keine Dokumente in Umlauf gebracht, gab sie an. Sie habe lediglich Tatiana K. die Erlaubnis erteilt, die Dokumente einzusehen und mitzunehmen.

Nicht „gemogelt“ und trotzdem vor Gericht

Die dritte Angeklagte Danielle H., ebenfalls Mitglied des Orientierungsrats, erläuterte, ein Kind zu haben, das 2015 im Zyklus 4.2 war. Um nicht als Moglerin dazustehen, habe sie die Eltern der Klassenkameraden darüber informiert, im Besitz der Prüfungsunterlagen zu sein.

Sie habe den Eltern diese auch angeboten, jedoch im Nachhinein nicht weitergegeben, so die Angeklagte. Genau wie die beiden anderen Sekundarlehrerinnen bemängelte sie, dass die Prüfungsfragen noch vor Abschluss der Tests vom Ministerium verschickt wurden: „Ich frage mich, warum es keinen Mechanismus gibt, um diese Vorgehensweise zu verhindern.“

Hätte sie „gemogelt“ und die Prüfungsfragen mit ihrem Sohn geübt, ohne jemanden über die Zirkulation der Dokumente zu informieren, dann würde sie nun womöglich nicht vor Gericht stehen, obwohl sie sich damit ebenfalls strafbar gemacht hätte, gab die Angeklagte zu verstehen.

Kein klarer Vermerk

Christian S., der Lebensgefährte von Danielle H., verweigerte die Aussage am Mittwoch vor Gericht und machte Gebrauch von seinem Schweigerecht. Zudem gab dessen Anwalt, Me Frank Rollinger, an, dass sein Mandant beschuldigt werde, die Dokumente seiner Partnerin weitergegeben zu haben. Da diese den ihr zugeschickten Umschlag jedoch nie geöffnet habe, sei die Anklage hinfällig.

Die Verteidigung machte immer wieder darauf aufmerksam, dass sich zudem kein Vermerk auf den Umschlägen mit den Prüfungsunterlagen befand, dass es sich um vertrauliche Dokumente handele. Me Michel Molitor, der Anwalt des Nebenklägers, in diesem Fall des Bildungsministeriums, zeigte sich damit jedoch nicht einverstanden und erinnerte daran, dass sich jeder, der einen Umschlag öffne, der nicht an die Person selbst gerichtet sei, strafbar mache.

Der Prozess wurde auf Donnerstag verlängert.