Wo ist Viktor Janukowitsch?

Wo ist Viktor Janukowitsch?
(AFP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Frage nach dem Aufenthaltsort des abgesetzten ukrainischen Präsidenten bewegt seit den dramatischen Ereignissen von Kiew nicht nur seine Landsleute.

Völlig unklar war am Sonntag, ob er noch im Lande war. Von einem gescheiterten Versuch, sich aus Donezk im Osten der Ukraine mit einem Privatflugzeug zu einem unbekanntem Ziel abzusetzen, wurde berichtet. Ein Taxifahrer schwor, Janukowitsch sei in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Klar ist, sehr viele Zufluchtsmöglichkeiten hat Janukowitsch, der wegen seiner Größe und Statur kaum unerkannt bleiben dürfte, wohl nicht.

Nach der Unterzeichnung des von EU-Außenministern vermittelten Abkommens mit der Opposition über einen politischen Ausweg aus der Staatskrise am Freitag hatte Janukowitsch Kiew fluchtartig verlassen. Am Samstag fanden Regierungsgegner den Amtssitz ebenso verlassen vor wie seine Residenz vor den Toren der Hauptstadt. Dorthin zogen Hunderte Neugierige, um mit eigenen Augen den Luxus zu sehen, in dem das Staatsoberhaupt schwelgte.

Auf der Flucht

Kurz vor seiner Amtsenthebung durch das Parlament zeigte sich Janukowitsch am Samstagnachmittag in einem Fernsehinterview, in dem Charkow im Osten den Landes als Ortsmarke eingeblendet war. Auch wenn ein Mitarbeiter sagte, Janukowitsch sei den ganzen Tag in der Industriestadt gewesen, gesehen hat man den 63-Jährigen dort nicht. Er erschien auch nicht bei einer Konferenz seiner Partei der Regionen.

In dem Interview kündigte Janukowitsch an, er werde im Lande bleiben und im Südosten umher reisen. Am ehesten wurde daher auf Donezk als Zufluchtsort gewettet, die an Russland angrenzende Industrieregion und politische Machtbasis Janukowitschs. Dort könnte er auf den Schutz des örtlichen Oligarchen Rinat Achmetow hoffen. Der reichste Mann der Ukraine ist Haupt-Geldgeber der Janukowitsch-Partei. Beide sind leidenschaftliche Unterstützer des Fußball-Champions-League-Vereins Schachtjor Donezk.

„Kein sicheres Pflaster“

Allerdings dürfte Achmetow auch daran gelegen sein, sich mit den neuen Machthabern gut zu stellen, um seine Geschäfte nicht zu gefährden. Janukowitsch fallenzulassen sei dafür die beste Möglichkeit, sagte der Kiewer Politikwissenschaftler Wolodimir Fesenko. „Selbst Donezk ist für Janukowitsch kein sicheres Pflaster mehr.“

Laut einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax versuchte er schon am Samstag vergeblich, sich aus Donezk abzusetzen. Doch wo wollte er hin? Russland würde als erste Wahl erscheinen, denn mit seiner Abkehr von der EU und der Hinwendung zum großen Nachbarn hatte Janukowitsch den Aufstand im Lande ausgelöst. Doch die russische Führung, die das Nachbarland mit Milliarden unterstützt, hatte in den vergangenen Tagen zunehmenden Unmut erkennen lassen, dass Janukowitsch die Proteste gegen ihn nicht beenden konnte. Am Donnerstag erklärte Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew, sein Land wolle nicht mit einer ukrainischen Führung zusammenarbeiten, auf der das Volk „herumtrample wie auf einer Fußmatte“.

Bliebe noch Weißrussland. Das Land von Präsident Alexander Lukaschenko hatte 2010 auch dem gestürzten kirgisischen Staatschef Kurmanbek Bakijew Zuflucht gewährt.