Wir sind doch nicht so tolerant

Wir sind doch nicht so tolerant
(Alain Rischard)

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Ausländische Mitbürger in Luxemburg haben es schwer. Laut einer EU-Studie hapert es in Sachen rechtliche Fragen in der Integrationspolitik.

Die ECRI (Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz) führt regelmäßig Studien in den europäischen Mitgliedstaaten durch. In einer aktuellen Untersuchung wird sich mit der Rechtslage, Hassreden, Gewalt und mit der Integrationspolitik in Luxemburg beschäftigt.

Nicht die gleichen Rechte

Das Ergebnis fällt im Allgemeinen gut aus. Die Politik ebenso wie die Medien zeigen sich in Luxemburg recht tolerant gegenüber ausländischen Mitbürgern. In der Gesellschaft gibt es nur wenig Verbreitung von Hassreden. Auch die Politik leistet ihren Beitrag, um Einwanderern eine gute Integration zu gewährleisten. Dennoch gibt es laut ECRI einige bedenkliche, wenn nicht sogar besorgniserregende Punkte.

Wer dachte, dass in Luxemburg allen Bürgern die gleichen Rechte zukommen, liegt laut der Studie falsch. Das Papier zeigt unter anderem auf, dass das Recht auf Gleichbehandlung nach der luxemburgischen Verfassung nur für Luxemburger gilt. Zudem werden rassistisch oder homo- sowie transphobe motivierte Taten laut Strafgesetzbuch nicht als „circonstance aggravante“ eingestuft.

Mangel an Statistiken

Die ECRI stellt auch fest, dass nur wenige Fälle von rassistischer, homo- und transphober Gewalt in Luxemburg registriert wurden. Der Grund: Das „Centre pour l’égalité de traitement“ (CET) darf laut Gesetz keine Klage im Namen von diskriminierten Menschen einreichen. Zudem hat das CET auch nicht das Recht, diese Menschen vor Gericht zu vertreten, ebenso wenig wie ein sogenannter „Médiateur“. Die Betroffenen müssen also auf eigene Faust Klage einreichen, und die scheitert meist an sprachlichen Barrieren.

Kritisiert wird auch, dass es kaum Statistiken gibt. Ein Beispiel: Es gibt keine Informationen darüber, wie es hierzulande um die Toleranz gegenüber Homo- oder Bisexuellen steht. Gleiches gilt für Fälle von Rassismus und Diskriminierung. Die Einrichtung bemängelt zudem, dass sie häufig unvollständige Statistiken und Daten von luxemburgischer Seite erhält.

Themen in Schulunterricht einbinden

Die Kommission empfiehlt, das Thema Homosexualität und Menschenrechte verstärkt in den Schulunterricht in Luxemburg einzubinden, um junge Menschen frühzeitig aufzuklären und um Betroffenen die nötige Unterstützung zukommen zu lassen.

Ein weiteres besorgniserregendes Problem sieht die Kommission darin, dass die Luxemburger Polizei viel zu häufig bei ihrer Arbeit die ethnische Herkunft von mutmaßlichen Tätern/Opfern in der Öffentlichkeit nennt. Dies kann Hass und Rassismus schüren, befürchten die Statistiker aus Brüssel.

Ungerechtes Schulsystem

Auch das Schulsystem wurde auf Diskriminierung untersucht. Im Gegensatz zu luxemburgischen Schülern werden Kinder mit Migrationshintergrund benachteiligt, schreibt die ECRI. Als Grund werden Sprachprobleme genannt. Dies führt meist zu schlechteren Noten, die unterhalb des Durchschnitts liegen.

Im Hinblick auf die Arbeitslosenzahlen, die in Luxemburg eigentlich recht niedrig ausfallen, ist jedoch zu erkennen, dass Einwohner mit Migrationshintergrund häufiger arbeitslos sind als Luxemburger.

Daher steht für die ECRI fest, dass Luxemburg umgehend seine Integrationspolitik verbessern muss. Sie rät zu einem nationalen Aktionsplan und fordert, die Bildungschancen für Kinder mit Migrationshintergrund auf lange Sicht zu garantieren. Außerdem soll Einwanderern der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden.