Wien verbietet Burka und Koran-Verteilen

Wien verbietet Burka und Koran-Verteilen
(dpa)

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Die Regierung in Wien drückt ihr heftig kritisiertes "Integrationsprogramm" durch. Es beinhaltet Verbote, die weiter gehen als in anderen Staaten. Außerdem hofft Österreich auf eine Ausnahme bei der EU-Verteilung von Flüchtlingen.

Österreich verbietet die Vollverschleierung von Frauen im öffentlichen Raum. Das am Dienstag von der Regierung in Wien beschlossene und im Vorfeld heftig kritisierte Burka-Verbot ist Teil eines neuen „Integrationsprogramms“. Die rot-schwarze Regierung hatte sich nach ihrem Koalitions-Neustart im Januar auf die Eckpunkte des Pakets geeinigt. Neben der Burka, einem Ganzkörpergewand, sind noch weitere Kleidungsstücke, die das Gesicht von Frauen verhüllen, im öffentlichen Raum verboten.

Absage aus Brüssel
Mit ihrer Forderung nach einer langfristigen Ausnahme bei der EU-weiten Umverteilung von Flüchtlingen hat sich die österreichische Regierung eine Abfuhr in Brüssel geholt.

„Die EU-Migrationspolitik basiert auf Solidarität, und die Umverteilung ist ein sehr wesentliches Element davon“, sagte eine EU-Sprecherin am Dienstag in Brüssel. Mitgliedstaaten müssten ihre Verpflichtungen in dieser Hinsicht erfüllen.
AFP

Gemäß dem neuen Programm ist auch das Verteilen von Koranen künftig untersagt. Außerdem sieht das Paket ein verpflichtendes Integrationsjahr vor, in dem spezielle Deutsch- und Wertekurse besucht werden sollen. Die Maßnahmen gelten für anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive.

Paradigmenwechsel

Asylberechtigte sollen zudem unbezahlte gemeinnützige Arbeit leisten. Wer sich weigert, muss Einschnitte bei der Mindestsicherung hinnehmen. „Nur so können sich die Menschen den Respekt der Mehrheitsgesellschaft erarbeiten“, sagte Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Drei Monate nach ihrem Asylantrag können Migranten künftig auch legal arbeiten. Die zuständige Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) sprach von einem „Paradigmenwechsel“. Die Regierung rechnet mit Kosten von 200 Millionen Euro für alle Maßnahmen bis Ende 2018.

Österreich hofft außerdem auf eine Ausnahmeregelung bei der Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union. Das Land sei von der Flüchtlingskrise besonders stark betroffen und sollte daher eine Ausnahme oder einen Aufschub bekommen, sagte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Dienstag. „Wir sind der Auffassung, dass man hier prüfen muss, ob wir nicht ohnehin unsere Quote entsprechend erfüllt haben. Das werden wir mit der EU-Kommission diskutieren.“ Es sei ihm aber bewusst, dass das schwierig sein werde.

Unter Druck

Nach Schließung der Balkan-Route ist die Zahl der Asylanträge in Österreich im vergangenen Jahr auf knapp 42.100 von 90.000 ein Jahr zuvor zurückgegangen. Zum Asylverfahren zugelassen wurden laut Innenministerium gut 36.000 Menschen. Das Land blieb damit unter der selbst gesteckten Obergrenze von 37.500 Asylverfahren.

In Österreich stehen die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP unter erheblichen Druck der rechtspopulistischen FPÖ. Die Freiheitlichen, die eine Verschärfung der Asylpolitik fordern, liegen in Umfragen mit 30 Prozent an erster Stelle. Jüngsten Befragungen zufolge hat die SPÖ stark zugelegt und liegt nur noch hauchdünn hinter der FPÖ. Die nächsten Parlamentswahlen finden planmäßig im Herbst 2018 statt. Aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Koalition wird aber immer wieder über vorgezogene Neuwahlen spekuliert.

In der EU tobt seit 2015 ein Streit über die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Gemeinschaft. Die Entscheidung zur Verteilung von 160.000 Flüchtlingen ist bisher nur ansatzweise umgesetzt worden, weil sich vor allem osteuropäische Länder weigern, ihren Anteil zu übernehmen. Staaten mit EU-Außengrenzen wie Italien und Griechenland fordern, dass EU-Partner sie entlasten. Auch Deutschland pocht auf eine fairere Verteilung von Flüchtlingen.