Waffen schweigen für 12 Stunden

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Israel hat am Freitagabend zuerst den Vorschlag zur Waffenruhe von US-Außenminister John Kerry abgelehnt und dann in eine 12-stündige Feuerpause eingewilligt. Weltweit protestierten am Freitag tausende Menschen gegen die israelische Militäroffensive.

Feuerpause im Gazastreifen. Zumindest für 12 Stunden. Israel ist nach Angaben aus US-Regierungskreisen zu einer zwölfstündigen Feuerpause im Gazastreifen bereit. Darüber habe der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu US-Außenminister John Kerry informiert, sagte der US-Vertreter am Freitagabend in Kairo. Die Waffenruhe solle am Samstag um 07.00 Uhr israelischer Zeit (06.00 Uhr MESZ) beginnen. Er antwortete auf eine Frage von Reportern nach Kerrys Äußerungen, der zuvor in Kairo gesagt hatte, er sei überzeugt, dass Netanjahu auf eine Waffenruhe hinarbeiten wolle.

In der ägyptischen Hauptstadt hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine siebentägige Waffenruhe für den Gazastreifen vorgeschlagen, um die Menschen dort mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen. Sie solle mit einer Feuerpause von zwölf Stunden beginnen, die dann ausgeweitet werden solle, sagte Ban.

Kerrys Vorschlag fiel durch

Zuvor hatte Israel den Vorschlag zur Waffenruhe von US-Außenminister John Kerry in seiner gegenwärtigen Form noch abgelehnt. Das Sicherheitskabinett habe die Entscheidung einstimmig getroffen, berichtete das israelische Fernsehen am Freitagabend. Die Diskussionen über eine Nachbesserung des Vorschlags würden aber weitergehen, hieß es. Auch die militanten Palästinenser in Gaza prüften den Vorschlag der USA, reagierten zunächst aber offiziell nicht darauf.

Nach Kerrys Vorstellungen sollen mit Einstellung der Kämpfe von Sonntag an unter ägyptischer Vermittlung Gespräche über eine längerfristige Friedenslösung aufgenommen werden, wie die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtete. Israel darf demnach in dem Zeitraum weiterhin Tunnel im Gazastreifen zerstören, die die Hamas für Angriffe auf Israel oder andere militärische Zwecke gebaut hat. Eine Forderung, die von der Hamas kaum akzeptiert werden dürfte. Kerry schlug eine mehrtägige Feuerpause vor, während der Israel und die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas mit Unterstützung von Europäischer Union und USA indirekte Verhandlungen über eine längerfristige Lösung aufnehmen sollten.

Gespräche gehen weiter

Die Gespräche mit Israel sollen jedoch weitergehen, wurde am Freitag versichert. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu traf am Freitag nach türkischen Regierungsangaben in der katarischen Hauptstadt Doha mit Hamas-Chef Chaled Meschaal zusammen, um die Feuerpause zu vermitteln.

Eine internationale Außenminister-Konferenz soll am Samstag in Paris nach französischen Angaben über den Gaza-Konflikt und eine mögliche Waffenruhe beraten. Wie am Freitagabend aus Diplomatenkreisen in der französischen Hauptstadt verlautete, wird Frankreichs Außenminister Laurent Fabius neben US-Außenminister John Kerry auch seine Kollegen aus Deutschland, Großbritannien, Italien, Katar und der Türkei sowie die EU-Außenbeauftragte zu Beratungen empfangen.

Nach ständigem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen greift Israel dort seit dem 8. Juli Ziele der radikal-islamischen Hamas aus der Luft an. Am 17. Juli startete die israelische Armee ihre Bodenoffensive in dem Küstenstreifen. Ziel ist die Zerstörung der Hamas-Infrastruktur wie Waffenschmieden, Abschussrampen und Tunnel.

Proteste auf der ganzen Welt

Überall auf der Welt wird indes gegen die Militäroffensive Israels im Gazastreifen protestiert. Derweil ging der Konflikt im Gazastreifen auch am 18. Tag unvermindert weiter: Während die USA und die UNO ihre Bemühungen um eine humanitäre Feuerpause intensivierten, gab es erneut viele Tote. Nachdem zuletzt bei Demonstrationen gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen immer wieder antisemitische Parolen laut geworden waren, hatte unter anderem in Deutschland die Berliner Polizei strenge Auflagen erteilt. So durften keine Parolen skandiert werden, in denen Gewalt gegen Juden gutgeheißen wird. Die Auflagen wurden nach Angaben eines Polizeisprechers eingehalten. Die französischen Behörden verboten ihrerseits am Freitag einen für Samstag in Paris geplanten pro-palästinensischen Protestmarsch, nachdem es am vergangenen Wochenende zu Ausschreitungen gekommen war.

In vielen muslimischen Ländern finden alljährlich am Al-Kuds-Tag (Jerusalem-Tag) am letzten Tag des Ramadan Demonstrationen aus Solidarität mit den Palästinensern statt. Im Iran gingen tausende Menschen nach dem Freitagsgebet auf die Straße, wie das Staatsfernsehen berichtete. In der Hauptstadt Teheran zogen die Demonstranten in neun Märschen zur Universität im Zentrum. Auf Transparenten war „Tod Israel“ und Tod Amerika“ zu lesen. Auch in Jordanien gab es Proteste gegen den israelische Militäreinsatz im Gazastreifen. Rund 2000 Menschen versammelten sich in der Hauptstadt Amman und riefen Unterstützer-Parolen. Im Libanon versammelten sich tausende Demonstranten in einem Vorort der Hauptstadt Beirut.

Hisbollah-Chef in der Öffentlichkeit

Bei einem seiner seltenen Auftritte in der Öffentlichkeit sagte der Chef der libanesischen Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, „Palästina“ bleibe das „Hauptanliegen“ der muslimischen Welt. Im Westjordanland hatten Organisatoren zu einem „Tag des Zorns“ aufgerufen. Bei Protesten nahe Hebron und Nablus wurden nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte fünf Palästinenser getötet, als israelische Soldaten und eine Siedlerin auf die Männer schossen. In Nablus sollen zuvor Palästinenser Autos von Siedlern mit Steinen attackiert haben.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte von den Beteiligten des Gaza-Konflikts „eine sofortige, bedingungslose humanitäre Feuerpause“. Die Waffenruhe soll demnach während des Fests zum Fastenbrechen, Eid al-Fitr, anhalten. Die mehrtägigen muslimischen Feiertage beginnen im Anschluss an den auslaufenden Fastenmonat Ramadan. Bans Forderung deckt sich mit einem Plan von US-Außenminister John Kerry.

Flugverkehr normalisiert sich

Derweil dauerten die Gefechte zwischen Hamas und Israels Armee unvermindert an. Nach erneuten Luftangriffen stieg im Gazastreifen die Zahl der Getöteten auf mehr als 848, die meisten davon Zivilisten. 5.500 Palästinenser wurden verletzt. Auf israelischer Seite wurden bis Freitagabend 35 Soldaten getötet sowie drei Zivilisten. Die Hamas feuerte nach eigenen Angaben am Freitag drei Raketen in Richtung des israelischen Flughafens Ben Gurion bei Tel Aviv, wo der Flugverkehr weiter eingeschränkt war. Israels Armee bestätigte den Abschuss von zwei Geschossen aus dem Gazastreifen über Tel Aviv.

Dessen ungeachtet nahmen am Freitag erste Fluggesellschaften den Verkehr nach und von Tel Aviv nach einer zwischenzeitlichen Sperre wieder auf, darunter Air France. Die Lufthansa und ihre Tochtergesellschaften wollen ab Samstag wieder Tel Aviv anfliegen.