Volkspartei wohl stärkste Kraft

Volkspartei wohl stärkste Kraft
(AFP/Curto de la Torre)

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Protestallianz Podemos wird Hochrechnung zufolge zweitstärkste Partei

Kein Ende des Stillstandes in Spanien? Auch in der Parlamentsneuwahl am Sonntag waren keine klaren Mehrheiten in Sicht, mit der das südeuropäische EU-Land aus dem politischen Patt geführt werden könnte. Den Wahlprognosen zufolge konnte der bisherige konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy zwar wieder mit einem Sieg rechnen, aber nicht mit einer absoluten Mehrheit.

Gleichzeitig zeichnete sich im Krisenland Spanien, in dem Arbeitslosigkeit, Schulden und sinkende Löhne immer mehr Familien in die Armut treiben, ein heftiger Linksruck ab: Die neue linksalternative Protestallianz Unidos Podemos (Gemeinsam können wir es schaffen) wurde in einer Hochrechnung des staatlichen Fernsehens TVE als zweitstärkste Partei hinter den Konservativen gesehen.

Sozialisten auf dritten Platz verwiesen

Dieses Bündnis, in das sich auch Grüne, Kommunisten und linke Regionalparteien einreihten, hätte damit die sozialdemokratisch orientierten Sozialisten auf den dritten Platz verdrängt. Für die Sozialisten, die in Spaniens Demokratiegeschichte so viele Jahre wie keine andere Partei an der Macht waren, käme dies einer Demütigung und einem historischen Debakel gleich.

Es war das zweite Mal innerhalb von sechs Monaten, dass die Spanier ein neues Parlament wählen mussten. Nach dem ersten Wahlgang im Dezember hatten es weder Rajoy noch die Oppositionsparteien geschafft, eine Regierung zu bilden. Deswegen musste König Felipe, Spaniens Staatsoberhaupt, Neuwahl ansetzen. Spanien hat 47 Millionen Einwohner und ist die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Eurozone.

Niedrigere Wahlbeteiligung

Der Hochrechnung von TVE zufolge kam die konservative Volkspartei (PP) auf 28,5 Prozent. Das Linksbündnis Unidos Podemos (UP) wurde bei 25,6 Prozent gesehen. Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) bei 22 Prozent. Die liberal-bürgerliche Partei Ciudadanos (C’s) kam demzufolge auf 11,8 Prozent. Auch mehrere Regionalparteien aus dem Baskenland und Katalonien zogen offenbar wieder ins Parlament ein.

Es wurde eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung als im Dezember erwartet. Damals hatten 73,2 Prozent der Bürger ihre Stimme abgegeben. Am Sonntag waren 36,5 Millionen Spanier zur Wahl aufgerufen.

Bitterer Sieg

Für die Konservativen wäre dieses Ergebnis ein bitterer Sieg, weil sie es wieder nicht geschafft haben, eine ausreichende Mehrheit zu bekommen, um alleine eine Regierung zu bilden. Für Rajoy, der seit Ende 2011 Regierungschef ist, könnte dies der Abschied von der Macht bedeuten. Alle Oppositionsparteien lehnen eine Zusammenarbeit mit dem 61-Jährigen ab, weil er mit Korruption und illegaler Finanzierung der Volkspartei in Verbindung gebracht wird.

Die Protestliste Unidos Podemos, die von dem 37-jährigen Politikwissenschaftler Pablo Iglesias angeführt wird, hätte derweil, wenn die Hochrechnung richtig liegt, Grund zum Jubeln. Mit dem Erstarken seiner Allianz würde er zum neuen Oppositionschef aufsteigen. Und wenn Rajoy keine Regierungsmehrheit im Parlament zusammenbekommt, könnte Iglesias versuchen, eine Mitte-Links-Regierung mit den Sozialisten zu bilden.

Mehrheit für Podemos und Sozialisten möglich

Die Summe der Mandate von Unidos Podemos und Sozialisten näherte sich – der Hochrechnung zufolge – der absoluten Mehrheit im Parlament, die bei 176 der 350 Abgeordneten liegt. Sozialistenchef Pedro Sánchez hat sich aber bisher noch nicht festgelegt, da es in seiner Partei erhebliche Widerstände gegen eine Koalition mit dem aufstrebenden Linksbündnis gibt, das mit einem sozialdemokratisch geprägten Programm den Sozialisten Konkurrenz macht.

Als größtes Hindernis für eine solche progressive Koalition gilt bislang die Forderung von Unidos Podemos, der abdriftenden Region Katalonien ein Referendum über die Unabhängigkeit nach schottischem Vorbild zu erlauben. Dies wird vom mächtigen konservativen Flügel der Sozialisten abgelehnt. (ze)