Türkei besetzt Militärposten neu

Türkei besetzt Militärposten neu
(AFP/Kayhan Ozer)

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Der türkische Militärrat besetzt wichtige Führungsposten in der Armee neu.

Nach dem versuchten Militärputsch besetzt die türkische Regierung wichtige Posten in der Armeeführung neu. Der Oberste Militärrat beförderte mehrere Generäle bei einer Sitzung am Donnerstag in Ankara, nachdem fast die Hälfte aller Generäle entlassen worden war.

Die Regierung setzte auch ihr Vorgehen gegen kritische Journalisten fort und ordnete die Schließung dutzender Medienanstalten an. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte Ankara zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

Offiziere befördert

Nach der Sitzung des Militärrats verkündete der Präsidentensprecher Ibrahim Kalin, dass der stellvertretende Generalstabschef Yasar Güler das Kommando über die Gendarmerie übernehme, während der Kommandeur der 1. Armee, Ümit Dündar, zum Vize-Generalstabschef befördert werde.

Generalstabschef Hulusi Akar wurde ebenso auf seinem Posten belassen wie die Kommandeure der Armee, der Marine und der Luftwaffe. Es wurde erwartet, dass niedrigrangige Offiziere befördert würden, um die entlassenen Generäle zu ersetzen, doch kündigte Kalin keine Neubesetzung der freien Posten an.

Treffen nicht in Armeehauptquartier

Am Mittwoch waren 149 der 358 Generäle und Admiräle unehrenhaft aus den Streitkräften entlassen worden. Ihnen wurde vorgeworfen, in den Putschversuch verwickelt zu sein. Laut einem Regierungsdekret wurden auch 1.099 weitere Offiziere entlassen.

Als Zeichen des Misstrauens fand das Sondertreffen des Militärrats unter Vorsitz von Ministerpräsident Binali Yildirim nicht wie üblich im Armeehauptquartier statt, sondern in der Residenz des Regierungschefs. Kurz vor Beginn der Sitzung wurde der Rücktritt zweier ranghoher Generäle bekannt, die womöglich ihrer Absetzung zuvorkommen wollten.

Polizei ausrüsten

Der Nachrichtenagentur Dogan zufolge gaben der Generalstabschef der Bodentruppen, Ihsan Uyar, sowie Ausbildungsleiter Kamil Basoglu ihre Posten auf. Innenminister Efkan Ala kündigte an, die Polizei mit schweren Waffen auszurüsten.

Die türkische Führung strebt schon seit längerem eine stärkere Bewaffnung der Polizei als Gegengewicht zur Armee an. In der Nacht zum 16. Juli war ein Putsch von Teilen des Militärs in der Türkei gescheitert. Seither geht Staatschef Recep Tayyip Erdogan mit aller Härte gegen mutmaßliche Unterstützer des Umsturzes vor.

Arbeit von Journalisten eingeschränkt

Auch die Arbeit von Journalisten in dem Land wurde massiv eingeschränkt. Nachdem bereits Haftbefehle gegen dutzende kritische Journalisten erlassen worden waren, ordnete die Regierung am Mittwochabend die Schließung von 131 Redaktionen und Verlagshäusern an, darunter 45 Zeitungen, 16 Fernsehsender, 23 Radiosender, 15 Zeitschriften und drei Nachrichtenagenturen.

Unter den betroffenen Medien waren laut CNN-Türk die Oppositionszeitung „Taraf“ und die Zeitungen „Zaman“ und „Today’s Zaman“, die zur Gülen-Bewegung gehörten, bevor sie im März unter Staatskontrolle gestellt wurden. Erdogan macht die Bewegung seines Rivalen Fethullah Gülen für den Putsch verantwortlich.

„Prinzip der Verhältnismäßigkeit“

Der im US-Exil lebende islamische Prediger bestreitet jede Beteiligung und verurteilte den Putsch. Justizminister Bekir Bozdag sagte am Donnerstag aber, Gülen habe gehofft, in die Türkei zurückzukehren, wie 1979 der iranische Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini von seinem Pariser Exil nach Teheran zurückgekehrt war. „Er wollte seine eigene Ordnung mitbringen. Es wäre eine völlig andere Türkei geworden“, sagte Bozdag.

Kanzlerin Merkel forderte die türkische Regierung erneut auf, bei der Verfolgung mutmaßlicher Putschisten die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Es sei selbstverständlich, in einer solchen Situation wie in der Türkei „mit allen Mitteln des Rechtsstaats“ gegen die Putschisten vorzugehen, sagte Merkel in Berlin. Dabei müsse aber immer das „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“ gewahrt werden.