Taliban ernennen neuen Anführer

Taliban ernennen neuen Anführer
(AP/Abdul Malik)

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Neuer Chef ist der religiöse Gelehrte Mullah Haibatullah Achundsada, wie es am Mittwoch in einer Erklärung der Radikalislamisten hieß.

Nach dem Tod ihres Anführers Mullah Achtar Mansur haben die afghanischen Taliban einen Nachfolger ernannt. Achundsada ist bekannt für seine extremistischen Ansichten. Es gilt als unwahrscheinlich, dass er den Friedensprozess mit der afghanischen Regierung unterstützt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass er den aggressiven Kurs Mansurs fortsetzen wird.

Achundsada, der auf ein Alter um die 50 geschätzt wird, ist ein anerkannter religiöser Führer und Talibanrichter. Er soll ein enger Vertrauter des langjährigen und von den Taliban verehrten Ex-Chefs Mullah Omar gewesen sein. Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen ist er bislang nicht als Militär in Erscheinung getreten.

Mansur war am Samstag bei einem US-Drohnenangriff getötet worden. Achundsada, zuvor einer der beiden Stellvertreter Mansurs, ist bekannt für Erklärungen, in denen er die Existenz der extremistischen Taliban und ihren Krieg gegen die afghanische Regierung rechtfertigt. Seine Ansichten werden als militaristisch betrachtet.

Er wurde den Angaben zufolge bei einem Treffen von Taliban-Führern gewählt. Dieses fand vermutlich in Pakistan statt.

Die Taliban teilten weiter mit, es seien auch zwei neue Stellvertreter gekürt worden. Bei ihnen handelt es sich um Siradschuddin Hakkani, der bereits Stellvertreter Mansurs war, und den Sohn des gestorbenen Talibanchefs Mullah Omar, Mullah Jakub. Zuvor galten diese beiden als Favoriten auf die Nachfolge von Mansur.

Kopfgeld

Die USA haben auf den etwa 42 Jahre alten Terroristen Hakkani ein Kopfgeld von umgerechnet 4,45 Millionen Euro ausgelobt.
Hakkani werden einige der grausamsten und öffentlichkeitswirksamsten Anschläge der Taliban zugeschrieben. Außerdem habe er dazu beigetragen, die zersplitterten Taliban mehr zu einen, sagt der Sprecher der Nato-Mission Resolute Support, Charlie Cleveland.

Hakkani war ebenfalls als Kandidat für den Chefposten gehandelt worden. Er kommt aber nicht aus dem Kernland der Talibanelite, Kandahar. Er soll außerdem enge Beziehungen zum pakistanischen Geheimdienst pflegen. Die Taliban hatten aber jüngst versucht, sich dessen Einfluss zu entziehen. Es wird angenommen, dass Hakkani weiter den zuletzt recht erfolgreichen Kampf der Aufständischen leiten wird.

Mullah Jakub kontrolliert für 15 der 34 Provinzen in Afghanistan die Militärkommission der Taliban. Als Sohn des verehrten Mullah Omar ist auch er eine Figur, die zerstrittene Fraktionen wieder versöhnen könnte.

Die Radikalislamisten riefen alle Muslime zu einer dreitägigen Trauer für Mansur auf. Zudem wurde zu Einheit und Gehorsamkeit gegenüber dem neuen Anführer aufgerufen.

Selbstmordanschlag

Mansur war am vergangenen Samstag getötet worden, als ein Fahrzeug auf einer Straße in Südwestpakistan von einer US-Drohne zerstört worden war, in dem er gesessen hatte. Die Regierungen in Washington und Kabul sowie Vertreter der Taliban waren sich sicher, dass Mansur ums Leben gekommen sei. Die Führung der afghanischen Taliban hatte den Tod allerdings noch nicht offiziell bekanntgegeben.

Mansur war etwas mehr als 50 Jahre alt und hatte die Führung der Aufständischen vor gut einem Jahr offiziell übernommen, nachdem der Tod des langjährigen Rebellenchefs Mullah Omar bekannt geworden war. Allerdings hatte es intern Streit über Mansurs Führungsanspruch gegeben. Zuvor war er Omars Stellvertreter gewesen.

Derweil gab es in der Hauptstadt Kabul einen erneuten Selbstmordanschlag, bei dem mindestens zehn Menschen ums Leben kamen. Ein Attentäter habe seinen Sprengstoffgürtel am Morgen in der Hauptverkehrszeit gezündet, als er an einem Minibus mit Gerichtsmitarbeitern vorbei gegangen sei, teilte das Innenministerium mit. Unter den Opfern seien auch Zivilsten. Darüber hinaus seien vier Menschen verletzt worden.

Zu dem Attentat bekannte sich zunächst niemand. Der letzte große Anschlag in Kabul hatte sich am 19. April ereignet. Damals starben 64 Menschen, Hunderte wurden verletzt.