Revolutionäre Stimmung

Revolutionäre Stimmung
(Isabella Finzi)

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Vor rund drei Wochen stellte der amerikanische Zukunftsforscher Jeremy Rifkin seine Studie über die dritte industrielle Revolution vor. Kaum ein Abgeordneter, der das Papier gestern im Rahmen einer Debatte über die wirtschaftliche Entwicklung nicht positiv bis begeisternd erwähnte. Für Rifkin ist die Studie demnach schon mal ein voller Erfolg. Ob sie in der Praxis auch...

Luxemburg habe sich gut von der Krise erholt, meinten in ihren einleitenden Erklärungen Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) und Finanzminister Pierre Gramegna (DP). Mit stabilisierten Staatsfinanzen und einem Wirtschaftswachstum von vier Prozent befinde man in einer guten Position, um über den Umstieg zu einem anderen, nachhaltigen Wirtschaftsmodell zu diskutieren.

Vieles von dem, was für eine digitale Revolution nach Rifkin-Modell gebraucht werde, sei bereits auf den Weg gebracht, bemerkte Schneider. Auf Basis der Rifkin-Studie werde man eine breite Diskussion mit der Öffentlichkeit und allen Akteuren führen, um bis zum Sommer zu Schlussfolgerungen zu kommen.

„Menschen die Angst nehmen“

Gramegna seinerseits ließ keinen Zweifel daran, dass das tragende Element der Wirtschaft der Finanzsektor sei und auch bleiben werde, wenn man das laufende „Greening“ weiterführe.

Ja, man brauche die dritte industrielle Revolution, meinte Franz Fayot (LSAP). Allein die Erhaltung des guten luxemburgischen Sozialsystems erfordere ein gewisses Wachstum. Und im aktuellen System sei ein Wachstum kaum noch möglich.

„Die Menschen spüren immer deutlicher die negativen Konsequenzen des Wachstums, Verkehrsprobleme, Umweltschäden, unbezahlbarer Wohnraum u.a.“, bemerkte er. Aber sie seien noch nicht bereit für den Systemwechsel. „Globalisierung und Digitalisierung machen den Menschen Angst.“ So oder so werde der Wandel aber kommen, und es sei besser, diesen Prozess aktiv zu steuern, statt ihn zu erleiden. Es sei deshalb wichtig, in einer breiten Debatte möglichst viele Konsenselemente mit der Gesellschaft, den Gewerkschaften und den Unternehmen zu finden.
Wichtig sei vor allem „ein qualitativer Wettbewerb“, meinte Joëlle Elvinger (DP). Allein über die Preise könne Luxemburg wegen seiner Löhne nicht in einen Wettbewerb einsteigen.

Man solle sich auch nicht durch einen Steuerwettbewerb verrückt machen lassen. Wichtig für Betriebe sei immer das „Gesamtpaket. „Dazu gehören neben dem Steuersatz auch die niedrigen Lohnnebenkosten, die politische Stabilität des Landes und der soziale Frieden“, unterstrich die DP-Abgeordnete.

„Solange der Elefant im Gang steht“

Luxemburg sei keineswegs gerüstet für den Start in die dritte industrielle Revolution, fand Laurent Mosar (CSV). Das beginne schon bei der Ausgangsbasis. Die sei mit einem Defizit von fast einer Milliarde im Zentralstaat keineswegs so stabil wie von der Regierung dargestellt. Erlaubt sein müsse auch die Frage, ob alles, was geplant sei, mit der Rifkin-Studie kompatibel sei. „Warum kein nationaler Zukunftstisch?“, fragte Laurent Mosar, der am Ende seiner Intervention eine Art Wunschliste seiner Partei in Form von gleich zwölf Motionen deponierte, von denen zwei angenommen wurden.

Heftige Opposition kam von Marc Baum („déi Lénk“), der als einziger Redner der Rifkin’schen Revolution fundamental negativ gegenüberstand. Diese dritte Revolution sei im Kern nichts anderes als eine Verlängerung der aktuellen Politik. Gebraucht werde kein weiterer Wettbewerb auf Kosten der Solidarität und der Sozialstandards. Gebraucht werde eine Umverteilung des erwirtschafteten Reichtums.

Eine wirkliche Neuausrichtung, eine Diversifizierung der Wirtschaft, werde es „solange nicht geben, wie der Elefant im Gang steht“, so Baum mit Verweis auf den Finanzsektor.