„Regierung erpresste Promotor“

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LUXEMBURG – Die Regierung stelle die Interessen der Promotoren vor denen des Landes. Nach ersten Anschuldigungen vor einigen Wochen in Sachen Liwingen, legten beide Parteien am Donnerstag nochmals nach. Sie fordern einen Untersuchungausschuss.

Die DP und „déi gréng“ bezichtigen die Regierung, das Parlament in Sachen Fussballstadion samt Einkaufsmeile in Liwingen belogen zu haben. Vor einigen Wochen hatte die DP ein juristisches Gutachten zum Thema veröffentlicht, das sie in Auftrag gegeben hatte. Die Rechtsanwältin beschäftigte sich dabei insbesondere mit dem Schreiben mehrerer Regierungsmitglieder an die Promotoren Rollinger und Becca. Darin hatten sie ihre vorbehaltlose Unterstützung zum Projekt ausgedrückt. Ein zuvor von der Gruppe Rollinger in Wickringen geplantes Einkaufszentrum hatte die Regierung abgelehnt. Der Promotor sollte sich am Projekt Liwingen beteiligen.

Am Donnerstag bestätigten beide Parteien ihre Vorwürfe. In besagten Schreiben habe sich die Regierung gegenüber Rollinger nicht nur dazu engagiert, ein Ersatzgelände zu suchen, sollte das Projekt Wickringen und Liwingen nicht realisiert werden, sondern auch ein Gelände für ein neues Einkaufszentrum zu finden, so François Bausch, Fraktionschef von „déi gréng“ am Donnerstag.

Reaktion am 13. Juni

Die Regierung habe die Interessen von Promotoren über die Interessen des Landes und der Bevölkerung gestellt, so der Vorwurf von Bausch. Premierminister Jean-Claude Juncker soll am 13. Juni vor dem Parlament zu den Vorwürfen Stellung beziehen.

Auch die Rolle der Staats- und Sparkasse im Projekt Liwingen stellte der Grünen-Abgeordnete erneut in Frage. Anläßlich der öffentlichen Sitzung von zwei Parlamentsausschüssen am 10. Oktober 2011 hatte die BCEE-Spitze gesagt, es sei zu keinem Moment um ein Darlehen im Rahmen des Projekts Liwingen gebeten worden. Vor kurzem wurde jedoch bekannt, dass dieselbe BCEE der Gruppe Rollinger ein 16 Millionen Euro Darlehen gewährt hatte. Das war zwar für Mit-Promotoren des Wickringer Vorhabens bestimmt, doch habe das ja indirekt mit dem Liwinger Projekt wohl zu tun, so Bausch.

Als untragbar bezeichnete Bausch die Tatsache, dass sich Innenminister Jean-Marie Halsdorf bei der Bank über die Bedingungen für die Darlehensvergabe informiert habe. Rollinger soll sich bei ihm beschwert haben. Es sei jedoch nicht bloss um Information gegangen, betont Bausch. Der Minister habe sogar zusammen mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Krecké eingegriffen, um die Bedingungen zu verbessern. Man werde die Sache „enteisen“, heißt es in einem Ministerschreiben an den Promotor.

Regierung hat ihre Befugnisse überschritten

DP-Präsident Claude Meisch warf Premierminister Jean-Claude Juncker widersprüchliche Aussagen über seine Kontakte zu den Promotoren vor. Schwerwiegender dürfte jedoch der Vorwurf wiegen, das Projekt Wickringen habe mit allen Mitteln verhindert werden müssen, um jenes in Liwingen realisieren zu können. Für sein Vorhaben in Wickringen habe Guy Rollinger bereits eine Genehmigung gehabt, Flavio Becca für Liwingen nicht. Wäre Wickringen realisiert worden, wäre Liwingen nicht mehr möglich gewesen. Meisch zufolge habe die Regierung ihre Befugnisse überschritten, als sie sich derart gegen ein bestimmtes Projekt ausgesprochen habe. Die Behauptung die Regierung habe Wickringen aus landesplanerischen Überlegungen abgelehnt, sei falsch.

Ohne Druckausübung hätte Rollinger nicht auf sein Projekt verzichtet, betont Meisch. Dabei werde stets das Gegenteil behauptet. Rollinger sei gedroht worden, ihm würden in Zukunft keine weiteren Aufträge mehr erteilt, womit das Unternehmen gefährdet wäre. Seine Informationsquellen seien zuverlässig, betonte Meisch. Der DP-Politiker sprach dabei von Erpressung oder Erpressungsversuch und sogar von Korruption. Das alles sei kein Kavaliersdelikt. Daher auch die Forderung der beiden Parteien nach Einsetzen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Interessenskonflikt

Es gehe hier um Interessenskonflikt, so Bausch. Meisch hatte zuvor von einer unzulässigen Vermischung von Politik, Sparkasse und Wirtschaft gesprochen.

Eine Demission der Regierung oder eines Ministers wollten die beiden Parteien nicht fordern. Zuerst sollte der U-Ausschuss seine Arbeit machen. Dort müssten die Aussagen von Zeugen unter Eid geleistet werden. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Mehrheitsparteien sich dem Antrag der Opposition entgegenstellen werden, so Meisch. Das Parlament könnte seine Entscheidung am 13. Juni treffen.

Drei Minister

In Liwingen sollten im Rahmen des Stadionbaus Geschäftsflächen von 70.000 Quadratmetern entstehen. Für Aufregung hatte im Herbst 2011 ein Brief gesorgt, den gleich drei Minister den Promotoren des Projekts 2009 hatten zukommen lassen. In besagtem, vertraulichem Schreiben hatten Premierminister Jean-Claude Juncker, der ehemalige Wirtschaftsminister Jeannot Krecké und Innenminister Jean-Marie Halsdorf den Promotoren Guy Rollinger und Flavio Becca zugesagt, sie würden das Projekt Liwingen stark unterstützen.

Rollinger, der zur Aufgabe seines Vorhabens eines großen Shopping-Centers in Wikringen zugunsten des Liwinger Projekts aufgerufen worden war, war unmissverständlich Entgegenkommen signalisiert worden. Der Bau des Stadions steht jedoch jetzt in Frage.