Rechtliche Schritte gegen Cattenom?

Rechtliche Schritte gegen Cattenom?
(Editpress/Hervé Montaigu)

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Deutschland und Luxemburg könnten rechtlich gegen das Atomkraftwerk Cattenom vorgehen. Das lässt die Grünen-Abgeordnete im EU-Parlament Michèle Rivasi durchblicken. Cattenom beschäftigt am Freitag Luxemburgs Ministerrat.

Ein rezentes Gutachten der deutschen Grünen-Bundestagsfraktion hatte Bürger und Politiker gleichermaßen aufgeschreckt. Das Sicherheitsniveau des Atomkraftwerks Cattenoms sei völlig unzureichend. Erstellt worden war der Bericht vom Nuklearexperten Martin Mertins.

Kanton Genf klagt gegen französisches AKW

Der Schweizer Kanton Genf hat wegen Gefährdungen, die von dem französischen Atomkraftwerk Bugey ausgehen, Klage gegen Unbekannt erhoben. Wie die Rechtsanwältin Corinne Lepage mitteilte, wurde die Klage am Mittwoch in Paris eingereicht. Sie richtet sich demnach gegen die Gefährdung des Lebens Dritter und gegen Wasserverschmutzung.

Das Atomkraftwerk Bugey liegt ungefähr 70 Kilometer von Genf entfernt im französischen Departement Ain. Es wurde in den 70er Jahren in Betrieb genommen. (AFP)

Die Nachrüstungen in Cattenom nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima hätten die Anlage in Teilen moderner, aber nicht sicherer gemacht. Noch immer liege das Sicherheitsniveau des Kernkraftwerks deutlich unter dem in Deutschland geltenden Standard. Bei einem Ausfall aller Sicherheitssysteme gebe es nur einen „bedingten Grundschutz“, um die nukleare Katastrophe zu verhindern. Der gravierendste Mangel sei, dass eine Kernschmelze in der Anlage nicht beherrschbar sei.

„Cattenom ist so schlecht und gefährlich, stünde es auf unserer Seite der Grenze, es müsste nach dem Prinzip Gefahr im Verzug sofort stillgelegt werden“, sagte Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, dem Trierischen Volksfreund. Die Zeitung hatte den Bericht am 26. Februar veröffentlicht.

Gemeinsame Aktionen der Nachbarländer

Der französischen Eurodeputierten Michèle Rivasi (EELV) zufolge erörtern die Nachbarländer Frankreichs eine gemeinsame Aktion. „Une action envisageable d’autant que les Allemands ont eu le soutien des Luxembourgeois“, sagte sie am Mittwoch auf France Info. „Ce rapport a sensibilisé les Luxembourgeois, qui veulent absolument que la France arrêtent ses centrales.“

Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg und Gesundheitsministerin Lydia Mutsch hatten nach Bekanntwerden des Cattenom-Berichts Ende Februar die EU-Kommission mit der Problematik befasst. Sie solle sich zum Mertins-Bericht äußern.

Wie die Branchen-Online-Zeitung „L‘Usine nouvelle“ am Donnerstag meldet, würde nun ein gemeinsames Schreiben der deutschen Umweltministerin Barbara Hendricks und der Luxemburgerin Lydia Mutsch an Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal folgen. Darin würden beide Erklärungen von Royal fordern.

Gesundheitsminister Lydia Mutsch schloss am Donnerstagabend diesen Schritt nicht aus. Sie werde sich noch mit Umweltministerin Carole Dieschbourg konzertieren, sagte sie uns auf Anfrage. Das Thema AKW Cattenom wird am Freitag auch den Ministerrat Luxemburgs beschäftigen.

Langjährige Forderung

Luxemburg und Deutschland fordern seit längerem eine Schließung der Cattenomer Anlage. Royal ihrerseits spricht sich für eine Verlängerung der Laufzeit älterer KKWs um 40 bis 50 Jahre aus. Luxemburger Vorstöße in Paris blieben bisher erfolglos.

Der Mertins-Bericht bestätigt die Ergebnisse einer vor einigen Jahren von Luxemburg bei Nuklearexperten in Auftrag gegebene Studie über die Sicherheitsstandards Cattenoms. Bereits damals wurden erhebliche Sicherheitsmängel festgestellt.

Das Thema Sicherheit der Nuklearanlagen beschäftigte auch den Luxemburger EU-Vorsitz in der zweiten Hälfte 2015, so Lydia Mutsch. Dabei ging es konkret um den Informationsaustausch zwischen den Ländern. Hier seien erhebliche Fortschritte auf technischem Niveau erzielt worden. Als gut bezeichnete Mutsch das diesbezügliche Verhältnis mit Belgien. Mit Frankreich sei man noch nicht so weit.