PwC als „Sekretariat“ der Steuerverwaltung

PwC als „Sekretariat“ der Steuerverwaltung
(dapd/jan Woitas)

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In einem zweiseitigen Dossier thematisiert Le Quotidien am Dienstag die Rolle von PwC als "Sekretariat" der Luxemburger Steuerverwaltung, nach den Aussagen des Beschuldigten Raphaël Halet im LuxLeaks-Prozess.

Ein Gespräch mit PwC-Verantwortlichen wurde den Kollegen vom LQ gewährt, Antworten auf ihre Fragen sowohl vom Finanzminister als auch von der Steuerverwaltung blieben allerdings aus.

Raphaël Halet

Geboren am 8. Juli 1976; verheiratet, zwei Kinder; arbeitet ab 2006 bei PwC; zuerst als Sekretär, ab 2011 als „agent administratif“ in der Abteilung „Tax process support“; im Rahmen des Abkommens mit PwC verlässt er er das Unternehmen zum 1. Mai 2015; seitdem arbeitslos. (Quelle: LQ)

Ein in Strafrecht spezialisierter Anwalt sagte LQ-Chefredakteur Fabien Grasser derweil, dass man je nach genauer Sachlage wohl durchaus von „aktiver Korruption“ sprechen könnte: „Der Verwaltung wurde gratis Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt. Von dieser Arbeit profitierten andere, sei es Herr Kohl oder die Steuerverwaltung. (…) die Verwaltung konnte mehr Rulings bearbeiten als es ohne diese Arbeit der Fall gewesen wäre.“

„Ce n’est pas illégal“

Die beiden „déi Lénk“-Abgeordneten David Wagner und Marc Baum stellten jedenfalls im Anschluss an diese Veröffentlichung eine Reihe von parlamentarischen Fragen sowohl an Finanzminister Pierre Gramegna als auch an Justizminister Félix Braz. Man kann nun gespannt sein, welche Antworten sie erhalten werden. Am Mittwoch findet die Urteilsverkündung im LuxLeaks-Prozess statt.

Am 29. April hatte Halet bekanntlich im Prozess erklärt, wie bei PwC auf Briefpapier der Steuerverwaltung Bescheide an die Kunden selbst vorgefertigt wurden; außerdem wurde bei PwC Photokopier- und Archivier-Arbeit für die Verwaltung erledigt (Link).

Kein Vertrag

Der „Tax Leader“ bei PwC, Wim Piot, sagte Le Quotidien: „Ce n’est pas illégal“ (Link). Sowohl bei der Steuerverwaltung als auch beim Finanzministerium erhalten die LQ-Kollegen jedoch keine Antworten. Die geleistete Arbeit hätte zudem nur auf einem mündlichen Abkommen beruht, schreibt Fabien Grasser weiter. Lässt der Staat für sich arbeiten, würde dies allerdings immer nur mit einem schriftlichen Vertrag von statten gehen können.

Eine Reihe Fragen werden demzufolge von den zwei Oppositionsabgeordneten gestellt. Ob der Finanzminister die Halet-Aussagen bestätigen könne? Ab wann man Bescheid gewusst hätte? Ob dies intern untersucht worden sei? Ob dies auch von anderen „Big4“-Unternehmen praktiziert worden sei? Vom Justizminister wollen Baum und Wagner zudem wissen, wie er den Vorwurf möglicher „aktiver Korruption“ einschätze?

Eine Richterin, zwei PwC-Mitarbeiter

Die beiden Abgeordneten beziehen sich in ihrer parlamentarischen Frage auch einmal kurz auf ein Interview Mitte Mai, das Le Quotidien mit Raphaël Halet führte (Link). Aus diesem hätten sich eigentlich noch weitere, ebenfalls sehr spannende Fragen ergeben.

Was Luxemburg angeht u.a. in dem Teil, wo Halet über seinen ersten Termin bei der Untersuchungsrichterin spricht. Dort wären auch zwei PwC-Mitarbeiter anwesend gewesen. „Chez la juge, il y avait deux personnes de chez PwC et plusieurs fois la juge leur a demandé si elles avaient d’autres questions à me poser. Qui fait l’enquête ? C’est la juge ou c’est PwC ?“, stellt sich Halet selbst Fragen.

Sieben für die Hausdurchsuchung

Auf die er keine Antworten hat. Ebenso wenig was das Vorgehen seines Arbeitgebers und der französischen Behörden angeht, als diese für eine Hausdurchsuchung bei ihm auftauchen. Unter einem Vorwand seien er und seine Frau nach Hause bestellt worden; vier Polizisten, ein Gerichtsvollzieher, ein Informatiker, ein Schlosser und drei Personen von PwC hätten dort gewartet.

Als er regelrecht „verhört“ wird, verlangt Halet einen Anwalt. Der Rest ist bekannt, unter Druck – laut eigener Aussage – wird er ein Stillhalteabkommen mit PwC unterschreiben. An das er sich hält, bis beim Prozess recht schnell klar werde, dass PwC es öffentlich gemacht hätte. Zu dem Moment habe auch er sich nicht mehr verpflichtet gefühlt, so Raphaël Halet.