Pressefreiheit in Demokratien unter Druck

Pressefreiheit in Demokratien unter Druck
(Erik Johansen)

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Der Spielraum für Journalisten wird immer enger. Nicht nur autoritäre Regierungen und Diktatoren setzen der Pressefreiheit zu - auch demokratisch gewählte Politiker bringen Medien in Bedrängnis. Luxemburg steht aber nach wie vor gut da.

Die Lage für Journalisten und unabhängige Medien wird nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) prekärer. In autoritär geführten Staaten und Diktaturen sei der Umgang mit den Medien nach wie vor von Zensur und Verfolgung gezeichnet. Aber auch in demokratischen Ländern stehe die Presse unter zunehmendem Druck, wie aus der am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit hervorgeht.

Die Länder, in denen die Lage von ROG als gut einstuft wird liegen oft im Norden. Dazu zählen an der Spitze von Platz eins bis sechs Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, die Niederlande , aber auch Costa Rica. Luxemburg steht in der Rangliste auch gut da und belegt, wie im Vorjahr, den 15. Platz. Über Probleme bei der Ausübung des Journalistenberufs ist ROG nichts bekannt. „Die Medienlandschaft in Luxemburg ist von der Mehrsprachigkeit geprägt, berichtet wird in den drei Amtssprachen Deutsch, Französisch und Luxemburgisch. Wegen der geringen Größe des Landes sind die auflagenstärksten Zeitungen oft gleichzeitig Lokalzeitung, überregionale Zeitung und Parteiblatt. Die Medien können frei berichten. Europas größte private Fernseh- und Radioanstalt, die RTL Group, hat ihren Sitz in Luxemburg“, kann man auf der Länder-Seite des Großherzogtums nachlesen. Luxemburgs Nachbar Deutschland bleibt ebenfalls unverändert und belegt den 16. Platz. Belgien seinerseits verzeichnet laut ROG große Fortschritte, gewinnt vier Plätze und liegt nun auf einem hervorragenden 9. Rang. Frankreich macht sogar sechs Plätze gut, schafft es aber dennoch nur auf den 39. Platz.

Die Lage verschlechtert sich

In knapp zwei Drittel der 180 untersuchten Länder hat sich die Situation jedoch verschlechtert. Dazu habe die Entwicklung in demokratischen Ländern beigetragen. Immer wieder griffen Politiker Journalisten an, hieß es, und Regierungen bauten die Überwachungsbefugnisse der Geheimdienste aus und bedrohten Whistleblower.

Zu den Verlierern in der Rangliste gehört die Türkei, die im vergangenen Jahr im Zuge einer Repressionswelle nach dem Putschversuch um vier Plätze abrutschte. Sie belegt jetzt Platz 155. Verschlechtert habe sich die Lage der Pressefreiheit auch in Ungarn. Unter der Regierung von Viktor Orban fiel das Land um vier Ränge auf Platz 71 zurück. Polen rutschte unter der rechtskonservativen Regierung sieben Plätze ab und steht nun auf Platz 54. „Besonders erschreckend ist, dass auch Demokratien immer stärker unabhängige Medien und Journalisten einschränken, anstatt die Pressefreiheit als Grundwert hochzuhalten“, erklärte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske.

Zu den Schlusslichtern zählen Kuba, Sudan, Vietnam, China, Syrien, Turkmenistan, Eritrea und Nordkorea an letzter Stelle auf Platz 180.

Neue Formen der Manipulation

Aber auch in Großbritannien (Rang 40) äußeren Politiker immer öfters öffentlich ihre Geringschätzung für Journalisten. In den USA – um zwei Plätze auf Rang 43. verschlechtert – habe die juristische Verfolgung von Investigativjournalisten und Whistleblowern besorgniserregende Ausmaße angenommen, heißt es. Immer wieder würden Journalisten vor Gericht gestellt. US-Präsident Donald Trump distanziere sich mit seinen systematischen Verunglimpfungen kritischer Medien von der langen Tradition der USA als Hüterin der Pressefreiheit. Auch das in den USA ansässige Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) berichtet über neue Formen der Manipulation: Während beim sogenannten „Arabischen Frühling“ soziale Netzwerke im Internet noch wichtige Instrumente zur politischen Mobilisierung gewesen seien, setzten Regierungen sie heute immer mehr zur Beeinflussung ein, hatte CPJ am Dienstag erklärt. Länder wie Russland, China und Mexiko hätten „ganze Armeen von Propagandakünstlern“, um Online-Debatten zu steuern.

Die ROG-Rangliste versucht, den Grad der Freiheit wiederzugeben, die Journalisten, Blogger und Medien in 180 Ländern haben. Ihre Grundlage ist ein Fragebogen zu unabhängiger journalistischer Arbeit, den Reporter ohne Grenzen in 20 Sprachen an Journalisten, Wissenschaftler, Juristen und Menschenrechtsverteidiger weltweit verschickt. Das neue Ranking bezieht sich auf das Jahr 2016.