Paris und London streiten um Sorgepflicht

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(Reuters)

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Der "Dschungel" ist geräumt. Doch viele Kinder und Jugendliche haben nach Lagerräumung noch keine Unterkunft. Paris und London streiten nun über die minderjährigen Flüchtlinge in Calais.

Zwischen Großbritannien und Frankreich ist ein Streit über die minderjährigen Flüchtlinge im geräumten „Dschungel“ von Calais ausgebrochen. Die britische Innenministerin Amber Rudd forderte die französische Regierung am Donnerstagabend auf, die noch in Calais verbliebenen Minderjährigen „anständig zu schützen“.

Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve entgegnete, er sei „überrascht“ über diese Äußerung. Die in Calais gestrandeten Flüchtlinge wollten schließlich nach Großbritannien gelangen. Minderjährige Flüchtlinge mit Verwandten in Großbritannien hätten Anrecht auf eine Familienzusammenführung. Nun wünsche er, „dass Großbritannien rasch seiner Verantwortung gerecht wird und diese Minderjährigen aufnimmt“.

„Verantwortung im Geist der Solidarität“

Frankreich werde seiner „Verantwortung im Geist der Solidarität“ bereits gerecht, betonte Cazeneuve. Seit Mitte Oktober seien mehr als 1.400 minderjährige Flüchtlinge in Wohncontainern am Rande des „Dschungels“ oder in anderen Aufnahmezentren untergebracht worden. Großbritannien habe in diesem Zeitraum 274 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Calais aufgenommen.

Die französischen Behörden hatten am Montag mit der Räumung des slumähnlichen Flüchtlingslagers am Ärmelkanal begonnen. Tausende Flüchtlinge wurden in Aufnahmezentren im ganzen Land gefahren. Minderjährige Flüchtlinge wurden in Wohncontainern untergebracht, die am Rande des „Dschungels“ stehen. Allerdings reicht die Kapazität des Containerlagers nicht für alle minderjährigen Flüchtlinge.

Abriss des Lagers soll bis kommenden Montag beendet sein

Viele von ihnen mussten nach dem Abriss der Flüchtlingshütten und Zelte im „Dschungel“ im Freien übernachten. Auch am Freitagmorgen hielten sich noch zahlreiche junge Flüchtlinge in der Gegend auf, ebenso wie erwachsene Flüchtlinge. Die französischen Behörden wollen den Abriss des Lagers bis kommenden Montag beendet haben. Derweil wachsen wilde Flüchtlingscamps auf offener Straße in Paris wieder an, wie Helfer berichten.

Ob das direkt mit der Räumung des „Dschungels“ von Calais zusammenhängt, ist unklar. Wohnungsbauministern Emmanuelle Cosse sagte am Freitag im Sender Public Sénat: „Es gibt keine massive Ankunft in Paris aus Calais.“ Ein Polizeivertreter sagte dagegen, dass sich viele Flüchtlinge aus Calais auf den Weg in die französische Hauptstadt gemacht hätten.