Nach dem Selbstmord folgt Kritik an Polizei

Nach dem Selbstmord folgt Kritik an Polizei
(Tageblatt/Tania Feller)

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Der Suizid von José Pereira Martins schlägt Wellen: die Familie wirft der Polizei Nachlässigkeit vor. Die Behörden betonen, sie hätten sich an die gängigen Prozeduren gehalten.

„Wie kann die Polizei den Wagen am Samstag finden und uns das erst am Montag per Zufall mitteilen?“, ärgert sich Filipe Costa. Er gehört zum engen Umfeld des verstorbenen José Pereira Martins (49). Dieser war seit letzter Woche vermisst gemeldet. Am Dienstag hatte seine Familie eine größere Suchaktion organisiert. Am Abend fand man seine Leiche in der Nähe des „Park and Ride“ in Kockelscheuer. Es handelt sich um Suizid.

Laut Costa soll die Polizei den Wagen von Pereira Martins bereits am Samstag gefunden haben. Allerdings wurde die Familie nicht darüber informiert. Erst als sich ein Familienmitglied zur Polizei Düdelingen begab, um nachzufragen, ob es bereits Sucherfolge gebe, erhielt die junge Frau am Montag die Antwort: „Ja, der Wagen wurde bereits am Samstag gefunden. Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen“, erzählt Filipe Costa und weiter: „Ich verstehe nicht, wieso niemand uns darüber informiert hat. Wir hätten auch nach ihm suchen können. Die Polizei hat Herrn Pereira Martins ja nirgendwo in der Gegend gefunden.“

Suchaktion lief ins Leere

Pereira Martins war zuletzt am vergangenen Donnerstag in seinem Wohnort in Biwingen gesehen worden. Als er am Freitag von seinen Arbeitskollegen vermisst wurde und die Familie auf die Situation aufmerksam wurde, reagierte sie. Die Polizei wurde in der Nacht von Freitag auf Samstag mit einer Vermisstenmeldung befasst.

Eine Streife fand Pereira Martins’ Wagen am Samstag auf dem Parkplatz in Kockelscheuer. Es folgte eine groß angelegte Suchaktion. Sie wurde kurz nach Mitternacht beendet. Demnach passierte nichts mehr bis Montag. Zur Erinnerung: Zu diesem Zeitpunkt wusste die Familie noch nicht, dass die Polizei den Wagen gefunden und nach ihm auf Kockelscheuer gesucht hatte.

Erst am Montag Information

Erst als sich die junge Frau aus Pereiras Martins’ Familie am Montag bei der Polizei Düdelingen meldete, wurde ihr per Zufall mitgeteilt, dass man den Wagen gefunden habe. „Wieso hat niemand sich bei uns gemeldet? Es ist doch nicht normal, dass wir die Polizei kontaktieren müssen, um per Zufall zu erfahren, dass das Auto gefunden wurde“, kritisiert Costa die Kommunikationsarbeit der Polizei.

Was folgte, ist bekannt: Die Tochter des Vermissten startete eine spontane Suchaktion und rief per Facebook Menschen zur Teilnahme auf. „Insgesamt 80 Menschen waren an der Suche auf Kockelscheuer beteiligt. Das war eine schöne Geste der Solidarität. Ich habe die Helfer in unterschiedliche Gruppen eingeteilt“, erinnert sich Costa und ärgert sich noch mehr: „Die erste improvisierte Suchgruppe fand die Leiche nach knapp 15 Minuten in der näheren Umgebung des Wagens. Es kann doch nicht sein, dass uns das gelingt und die Polizei mit ihrem Großaufgebot nicht fündig wurde.“

Kein Zweifel: Selbstmord

Dass es sich um Selbstmord handelt, bezweifelt die Familie nicht. Es bleibt jedoch der bittere Nachgeschmack, ob die Familie den Vater eventuell am Samstag hätte finden können. Oder ihm vielleicht sogar hätte helfen können. „Wir sind realistisch: Vielleicht wäre jede Hilfe zu spät gekommen. Aber für uns bleibt die Ungewissheit, was zwischen Samstagabend und Montagabend passiert ist. Zwei Tage sind verstrichen, in denen wir nach ihm hätten suchen können.“

Das Tageblatt hat sich bei Polizeisprecher Vic Reuter über den genauen Ablauf einer solchen Suchaktion der Polizei informiert. Es gebe zunächst interne Suchmechanismen: „Man erkundigt sich, ob die gesuchte Person irgendwo aufgetaucht ist, kontaktiert Drittpersonen, sucht nach Autos, versucht das Telefon des Vermissten zu orten usw.“, so Reuter. All dies habe man im Fall Pereira Martins getan.

„Es ist bedauerlich“

Auch die externen Suchmechanismen wären zum Zuge gekommen: „Wir haben die Medien kontaktiert und die Vermisstenanzeige auch auf Facebook publiziert“, betont der Polizeisprecher. Er bestätigt, dass der von Filipe Costa geschilderte Ablauf der Ereignisse stimme. Allerdings habe die Polizei sich nichts vorzuwerfen.

„Es ist bedauerlich, dass wir bei unserer Suchaktion nicht fündig geworden sind“, sagt Reuter, der Verständnis für die Familie zeigt. Es käme bei dieser Art von Suizid durchaus vor, dass die Polizei wie in diesem Fall mit Hunden und größter Sorgfalt vorgehe, ohne aber den Vermissten zu finden.

Leiche freigegeben

Alle Beteiligten sind sich in einer Sache einig: Es handelt sich eindeutig um Suizid. Reuter bestätigte gegenüber unserer Zeitung, dass die Leiche mittlerweile von der Staatsanwaltschaft freigegeben wurde: „Es wurde keine Fremdeinwirkung festgestellt.“ Auch Filipe Costa, der die Leiche vor Ort gesehen hat, zweifelt nicht an der Selbstmord-These.

Allerdings bleibt die Frage, wann Pereira Martins sich genau das Leben genommen hat. Da die Leiche mittlerweile von der Staatsanwaltschaft freigegeben wurde, kommt es nicht zu einer Autopsie, was Costa besonders wütend macht. Unternimmt die Familie nichts, bleibt die Ungewissheit.

Recht auf Autopsie

Wir haben uns mit Henri Eippers, Sprecher der Staatsanwaltschaft, über die Problematik unterhalten. Er bestätigte, dass die Familie auch jetzt noch handeln könnte: „Die Familie hat auch nach der Freigabe die Möglichkeit, eine Autopsie zu beantragen.“

Eippers hebt ähnlich wie Reuter hervor, dass die Staatsanwaltschaft nur bei dem geringsten Zweifel eine Leiche nicht freigibt. In diesem Fall sei die Sachlage jedoch eindeutig gewesen. Costa will nun Beschwerde gegen die Polizei erheben.