Monsterprozess um Sexparties

Monsterprozess um Sexparties

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In der nordfranzösischen Stadt Lille beginnt am Montag ein Monsterprozess, für den sich 260 Journalisten angemeldet haben. Es geht um Sexparties und Dominique Strauss Kahn.

In Saal 14 des Gerichtsgebäudes von Lille laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Kameras und Mikrofone werden installiert, Plätze für 14 Angeklagte und ihre Rechtsanwälte werden hergerichtet, dazu die Plätze für die Nebenkläger und ihre Rechtsanwälte. Seit einem Jahr bereitet die Justizverwaltung einen Prozess vor, der am Montag beginnt und zu dem sich etwa 300 Journalisten Tontechniker und Kameraleute angemeldet haben. Szenen wie beim Prozess um den Münchner Fußballmanager Ulli Hoeness wegen dessen Steuerhinterziehung wird es in Lille nicht geben. In München musste sich die Presse den Zugang zum Prozess erklagen. In Lille ist ein Nebensaal für die Journalisten vorgesehen mit riesiger Leinwand.

Das Pariser Justizministerium hat aus einem Fonds für „große Prozesse“ ein Sonderbudget von 90.000 Euro für das juristische Ereignis zur Verfügung gestellt. Für die Journalisten wird der Hintereingang des Justizpalastes geöffnet, damit sie ungehindert hinein und heraus können, damit aber auch vorne die Betroffenen für die anderen Prozesse, die zur selben Zeit stattfinden, ungehindert hinein und hinaus können.

17 Sexparties

Worum geht es? Vordergründig um Sexparties im Hotel Carlton in Lille, in New York und in Washington. Hintergründig darum, ob der ehemalige Chef des Weltwährungsfonds, Dominique Strauss Kahn, sich der Zuhälterei schuldig gemacht hat. Strauss Kahn soll an 17 Sexparties in Lille und in den USA teilgenommen haben. Die 100.000 Euro Kosten dafür sollen von Freunden bezahlt worden sein. Der Prozess „Hotel Carlton“ wird insgesamt gegen 14 Beschuldigte geführt. Der französische Politiker und Wirtschaftswissenschaftler ist häufig in Schwierigkeiten gewesen. Wirklich geschadet aber hat ihm 2011 die Anschuldigung, ein Zimmermädchen in New York zum Sex gezwungen zu haben. Die Bilder des Mannes, der französischer Präsident werden wollte, vor einer Richterin, die ihn ins Gefängnis steckte, sind im Gedächtnis geblieben. Zu einem Strafprozess kam es nicht. Im Zivilprozess verglich sich Strauss Kahn für eine gerüchteweise genannte Summe von 1,5 Millionen Dollar.

Jetzt lautet die Anklage auf Zuhälterei. Dieser Begriff wird im französischen Recht bereits angewendet, wenn ein Mann weiß, dass die Frau, mit der er Sex hat, dies für Geld und damit gewerblich betreibt. Strauss Kahn soll in allen Verhören bestritten haben, dass er wusste, dass die sieben Frauen, mit denen er zwischen dem 29. März 2008 und dem 4. Oktober 2011 Sex hatte, gewerbsmäßige Prostituierte waren.

Verfahrensfrage

Der Prozess könnte am Montag bereits mit einer Verfahrensfrage beginnen. Ein pensionierter Kriminalkommissar hat in einem Buch beschrieben, dass die Beobachtungen der Sexparties bereits 2010 begonnen hätten aber eingestellt worden seien. Die Affäre ist dann 2011 ans Tageslicht gekommen und hat zu dem nun beginnenden Prozess geführt. Anwälte wollen nun wissen, warum Ereignisse von 2011 zu einem Prozess führen, die 2010 zu nichts geführt hatten. Dominique Strauss Kahn muss die Richter von seinen Aussagen überzeugen. Bei dem Untersuchungsrichter, der ihn vor Gericht brachte, war das nicht der Fall. Einige der Frauen, die an den Sexparties teilnahmen, sollen vor Gericht aussagen.

Für Dominique Strauss Kahn hatte das New Yorker Ereignis zur Folge, dass seine politische Karriere beendet war. Die Enthüllungen über das Hotel Carlton führten dazu, dass seine Frau, die Journalistin Anne Saint Clair, sich von ihm trennte. Die einst berühmteste französische Journalistin, die ihren Job zugunsten der politischen Karriere ihres Mannes aufgab, ist heutzutage Chefredakteurin der französischen Ausgabe der Huffington Post.
Die Verhandlungen vor dem Landgericht Lille sind auf 18 Prozesstage angesetzt.

(Helmut Wyrwich)