„Man fühlt sich ein bisschen verlassen hier“

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Die Diskussionen um die Leblosigkeit des Campus Belval eroberten in letzter Zeit die Medien. Stichwort: "Fonds Belval". Wir haben die Studenten nach ihrer Meinung gefragt.

Mittwochmorgen auf dem Campus Belval. Im 17. Stock. des administrativen Gebäudes in der „Maison du Savoir“ stellt Rektor Rainer Klump den Jahresbericht der Universität Luxemburg für 2015 vor. Die Bilanz sieht eigentlich gut aus, wie sie in einem schicken gebundenen Büchlein auf dem Tisch liegt. Klump und sein Vizerektor Romain Martin stellen sich im Nachhinein souverän den Fragen der Journalisten. Auch den Fragen, die den „Fonds Belval“ betreffen.

Fonds Belval

Der „Fonds Belval“ ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, die für die Bebauung von Belval zuständig ist. Der Fonds legt den Abgeordneten ihre Pläne für neue Gebäude vor, beispielsweise welche für die Universität. Wenn die „Chamber“ dafür stimmt, wird gebaut. Die Infrastrukturen bleiben allerdings im indirekten Besitz des Staates. Der Fonds wird von einem dreizehnköpfigen Verwaltungsrat betreut und von Luc Dhamen, Direktor des Fonds, betrieben.

In letzter Zeit hatte der Campus im Süden für Wirbel gesorgt. Es ging um die Frage, wem die Universität in Luxemburg eigentlich gehört.

Alles soll besser werden

Denn nicht sie selbst ist Eigentümer der Gebäude, sondern der ominöse „Fonds Belval“, der der Uni die Infrastrukturen zur Verfügung stellt. Es ging aber auch um die Frage, wie Studentenleben auf Belval entstehen kann. In beiden Aspekten wollen Rektor und Vize-Rektor in Zukunft Vollgas geben.

Mit dem „Fonds Belval“ werde diskutiert, damit die Uni sich freier entfalten kann. Für das Studentenleben soll in Zukunft alles besser werden, weil ihnen mit der „Maison des Arts“ und dem „Learning-Center“, den Vizerektor Martin das zukünftige Herzstück des Campus nennt, Räume zur Entfaltung zur Verfügung gestellt werden sollen. Klingt gut.

„Ich bin nur hier, um zur Uni zu gehen“

17 Stockwerke tiefer, im Hof der Universität, kann man mit eigenen Augen sehen, was gemeint ist, wenn von einem Nicht-Studentenleben die Rede ist. Es ist ein paar Minuten vor Mittag. Der Hof, den alle Studenten kreuzen, um die Uni zu betreten, ist fast leer. Hier und da huschen ein paar Gestalten durch die Türen. Auf den zahlreichen Bänken und den Grünflächen sitzt niemand, trotz des relativ guten Wetters. Aber keine voreiligen Schlüsse. Immerhin ist Examenszeit und da lungern die Studenten eigentlich nicht wirklich herum.

Vor den schweren grauen Türen der „Maison du Savoir“ raucht Jeff (22) eine Zigarette. Er studiert Biologie im vierten Semester. Was „Fonds Belval“ ist, weiß er, was die machen und wie sie agieren, kriegt er allerdings kaum mit. „Ich finde es schon okay, der Campus musste ja auf irgendeine Weise entstehen“, erklärt er. Auf die Frage hin, ob er denn regelmäßig auf dem Campus einen Kaffee oder ein Bier trinken geht, schmunzelt er. „Nein, ich bin eigentlich nur hier, um zur Uni zu gehen.“

Teure Parkplätze

Etwas weiter begegnen wir Pit und Sandro, beide 19 Jahre alt. Sie studieren im ersten Jahr Medizin. Den Begriff „Fonds Belval“ haben sie schon oft gehört, können aber nicht so richtig etwas damit anfangen. Auf die Erklärung hin, dass dem „Fonds“ die Infrastruktur der Universität gehört, zeigen sie sich nicht sehr beeindruckt. „Mich stört das nicht wirklich, das hat ja keinen Einfluss auf die Kurse“, erklärt Pit. „Ich hatte jedenfalls bisher kein Problem damit.“

Dem Studentenleben auf dem Campus wollen sie noch Zeit lassen. „Es ist nicht wirklich das, was ich mir vorgestellt hatte, aber das braucht seine Zeit. Es muss ja noch eine Struktur rund um die Uni entstehen, also mit Cafés und so“, fügt er hinzu. Bis dahin gehen beide lieber in die Stadt, wenn sie etwas unternehmen wollen. Wir haken nach, wie es denn mit der Verbindung zum Campus aussieht. Sandro wohnt in der Nähe der Stadt. Er kommt mit dem Zug. Pit wohnt auf dem Bridel, er nimmt lieber das Auto. „Aber die Parkplätze hier auf Belval sind schrecklich teuer. Es sollte eine Art Abo für die Studenten geben“, merkt er an.

Administrative Prozeduren für ein Bild

Jessy und Géraldine, beide 21, haben schon Geschichten von Professoren gehört, die Bilder aufhängen wollten, sich dafür aber erst durch einen Berg von Anfragen kämpfen mussten. Sie sind sich allerdings nicht sicher, ob das mit dem „Fonds Belval“ zu tun hatte. Auf die Frage hin, wie sie das Studentenleben sehen, lachen beide. „Wir müssen zuviel lernen, wir haben keine Zeit für ein Studentenleben“, witzeln sie.

Spaß beiseite. Ein Studentenleben würde auf Belval auch die restliche Zeit nur schwerlich aufkommen. „Man fühlt sich ein bisschen verlassen hier“, so die Aussage. Sie treffen ihre Freunde lieber in der Stadt. Mit dem Transport haben sie es auch nicht so einfach. Der Zug brauche sehr lange und sei dann doch ziemlich unzuverlässig. Die Parkgebühren nennen sie „mega teuer“. Trotzdem könne möglicherweise irgendwann Leben auf Belval entstehen: „Wenn Studenten hier wohnen und mal ein paar Cafés da sind.“

„Alles sehr teuer“

Am Uni-Eingang steht ein junger Mann, der anonym bleiben will. Auch er kennt den „Fonds Belval“, sieht ihn allerdings viel kritischer als seine Kommilitonen. „Für die Uni ist das schon sehr problematisch. Sie stoßen sich die ganze Zeit an Bedingungen des Fonds.“ Das Studentenleben entwickelt sich seiner Meinung nach mit billigeren Preisen und der Entstehung von studentenfreundlichen Cafés auf Belval. „Es ist alles noch sehr teuer hier“, stellt er fest, „vor allem für Erasmus-Studenten ist das ein Problem“.

Es könne aber besser werden. Er selbst engagiert sich in einem Team von Studenten, das sich für mehr Leben auf Belval einsetzt und dafür Partys organisiert. Er hofft, dass sich die Mentalität der Luxemburger noch ändern wird. „Die reden alle Luxemburgisch und grenzen somit die Erasmus-Studenten aus“, erklärt er.

Studenten aus Sälen vertrieben

Etwas weiter wollen wir eine junge Frau ansprechen. Sie wimmelt uns ab. „Sorry, ich habe keine Zeit. Habe jetzt ein Examen. Aber sieh dich mal im ersten Stock um, da sitzen viele Studenten“, erklärt sie. Dort treffen wir auf Patrik, Anka und Valérie. Sie sitzen gerade in der Cafeteria der Uni an einem Tisch und blättern in ihren Büchern. „Im ersten Semester gab es riesige Probleme mit dem Fonds Belval. Da wurden teilweise Studenten aus den Sälen vertrieben, weil da irgendeine Veranstaltung stattfinden sollte. In dem Saal, in dem wir gerade sitzen, können einfach Vorhänge zugezogen werden, wenn jemand ihn gebucht hat. Dabei ist es einer der einzigen Orte, wo wir sitzen, reden und lernen können“, seufzen sie. Seit dem zweiten Semester sei es aber ein bisschen besser geworden.

Bei der Frage nach dem Studentenleben scheinen sie sich einig: „Belval ist überteuert!“ Des Weiteren gebe es nicht genug Auswahl bei den Cafés und Plätzen, wo man hingehen könnte. Für die drei ist die Erreichbarkeit der Uni ein Riesenproblem. Mit dem Bus und dem Zug sei es einfach zu unpraktisch. „Da ist man zwei Stunden unterwegs, wenn man von etwas weiter aus dem Norden kommt, um dann eine Stunde zu früh an der Uni zu sein“, so die Erklärung.

„Der nimmt kein Bargeld“

Folgt die Anmerkung: „Gut erreichbar ist Belval nur für Leute aus dem Süden.“ Dafür sei das Auto das Transportmittel der Wahl für viele Studenten. Hier stellt sich nun wieder das Problem der Parkgebühren. „Wenn man den ganzen Tag Unterricht hat, kann es schon sehr teuer werden“, erklärt Anka.

Zeit zurück in die Redaktion zu fahren. Vor dem Parkautomaten dann die Ernüchterung: 4,70 Euro für etwas über vier Stunden. Münzen sind hier überflüssig. Die Suche nach dem passenden Schlitz bleibt erfolglos. „Der nimmt kein Bargeld. Nur Karte“, merkt eine junge Frau an, die ungeduldig in der Reihe steht. War ja klar.