Mahnung an EU-Mitgliedstaaten

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Europa ist besser als sein Ruf– und auch besser als der Eindruck, den manche haben. Das betonte der Luxemburger Finanzminister auf der Herbsttagung von Luxembourg for Finance.

Auf der traditionellen Herbsttagung der Promotionsagentur Luxembourg for Finance am Donnerstag stellte sich der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna als Verfechter Europas mit einem klaren Plädoyer für Luxemburg dar. Gramegna richtete mahnende Wort an die Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Die vergangenen zwölf Monate waren ein Jahr der Überraschungen. Als Zeitraum der Transformation für Europa bezeichnete der Finanzminister sie im großen Auditorium der Pariser Börse, die nach und nach zu einem Tagungszentrum umgebaut wird. Europa befände sich an einem Wendepunkt, der überdies von außen gesteuert werde.

Mangelnde Kommunikation

„Europa hat einen Schwachpunkt“, sagte Gramegna. Es kommuniziert nicht ausreichend über seine Erfolge.“ Vor einem Jahr noch habe man gemeint, dass die Krise um Griechenland Europa vor die Überlebensfrage stellen werde. Seitdem das dritte griechische Paket verabschiedet worden sei, spiele Griechenland von jetzt auf gleich keine Rolle mehr.

Auch die Bankenkrise sei aus dem Sichtfeld verschwunden. Europa habe mittlerweile einen Bankenfonds und Regelungen, um im Falle einer neuen Finanzkrise mit in Not geratenen Kreditinstituten umgehen zu können. Es sei nicht mehr so, dass sich jeder einzelne Staat um seine Banken kümmern müsse.

Fabel vom Hasen und der Schildkröte

Und dann sei die Überraschung mit dem Brexit gekommen. Gramegna vergleicht den Brexit mit der Fabel vom Hasen und der Schildkröte. Der Hase lief erst los, als die Schildkröte schon fast angekommen war. Die britische Regierung habe sich erst drei Monate vor dem Referendum in die Debatte eingeschaltet und das sei eben viel zu spät gewesen.

„Wenn man während einer 40-jährigen Mitgliedschaft immer nur mit Kritik an der Europäischen Union arbeitet und dann drei Monate vor einem Referendum feststellt, dass man doch viel Gutes daran entdecken kann, dann ist es zu spät. Und wenn man bei jeder Schwierigkeit in der Politik sagt, das sei der Fehler der Europäischen Gemeinschaft, dann darf man sich später nicht wundern.“

Neue Brücken nach Britannien

Man müsse jetzt realistisch sein. Was auch immer das Resultat der Austrittsverhandlungen sein werde, man werde weiter Handel mit Großbritannien treiben. Man müsse eben neue Brücken bauen.

Dabei könne Norwegen kein Beispiel für die zukünftigen Beziehungen mit Großbritannien sein, weil Norwegen de facto Mitglied der EU sei. Allerdings könne die Schweiz ein Beispiel sein, die als Drittland einen erleichterten Zugang zur EU habe.

Die Wahl Trumps…

Mit der Europäischen Union sei es so wie mit der Globalisierung. Man stelle erst fest, wie gut sie sei, wenn man dabei sei, sie aufzulösen. Man müsse stark auf die Außenbeziehungen und das innere Funktionieren aufpassen.

Die Wahl Donald Trumps sei die zweite Überraschung gewesen. Beides, Brexit und die US-Präsidentenwahl, leisteten Vorschub für einen Auflösungsprozess der EU. Gramegna ergänzte: „Es gibt aber keinen gemeinsamen Markt à la carte. Man kann sich nicht nur das jeweils Beste heraussuchen.“

Kritik an Frankreich

In Richtung Frankreich sagte er: „Frankreich produziert Luxusgüter und ist stolz darauf, sie zu exportieren. Andererseits will das Land seine Grenzen schließen, um seinen Arbeitsmarkt zu schützen. Es gibt in der Europäischen Union vier Prinzipien : die Bewegungsfreiheit, der freie Austausch von Gütern und Dienstleistungen, der freie Kapitalverkehr. Diese Regeln gelten für alle. Man könne sie nicht nur ausgewählt anwenden, wie es einem gerade passt.“ Luxemburg sei ein offenes Land und lege Wert darauf, weiter offen zu bleiben. Das Großherzogtum sei nicht nur ein europäischer, sondern ein globaler Finanzplatz. Frankreich profitiere davon. Es gäbe neun französische Banken in Luxemburg. Jede dritte Arbeitskraft hierzulande käme aus Frankreich, insgesamt fänden 90.000 Franzosen im Großherzogtum Arbeit.

Jeder zehnte in Luxemburg zugelassene Fonds sei französisch. Auch bei den Versicherungen spiele Frankreich eine große Rolle, 64 von ihnen kämen aus dem Nachbarland. Luxemburg, ließ Gramegna erkennen, spiele nach den Regeln der Europäischen Union und erwarte das auch von den anderen Mitgliedstaaten.

Der Finanzplatz Luxemburg, so der Minister, sei dabei, sich zu verändern. Die Digitalisierung spiele dabei eine große Rolle in der Finanzdienstleistung. Man sei dabei, die Finanzen neu zu erfinden. Und das gelte nicht nur für den internen Bereich, sondern auch für das internationale Finanzgeschäft. Luxemburg sei nicht zuletzt auch eine Plattform für den internationalen Zahlungsverkehr, beendete er seine Rede zur Eröffnung der Herbst-/Wintertagung in Paris.