Luxemburgische Politik-Memes im Fokus

Luxemburgische Politik-Memes im Fokus
(Tageblatt)

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Auch im luxemburgischen Teil von Facebook tauchen in letzter Zeit vermehrt Plattformen auf, die Internet-Memes nutzen, um Ereignisse in der politischen Landschaft zu kommentieren und Aktivismus zu betreiben. Wir haben einige Memes mal unter die Lupe genommen.

Internet-Memes sind längst nicht mehr nur ein amüsanter Zeitvertreib, sondern ein ernstzunehmendes Mittel im politischen Diskurs. So propagierte beispielsweise die rechtsextreme Alt-Right-Bewegung während des US-Präsidentschaftswahlkampfs ihre politischen Ideen mithilfe von Memes wie etwa „Pepe the Frog“ – einem ursprünglich harmlosen grünen Comicfrosch, den die Bewegung dank der semantischen Flexibilität von Memes in einen Hass speienden Unterstützer von Donald Trump verwandelte.

Was sind „Internet Memes“?

Internet-Memes sind Konzepte, Medien (so wie Webseiten, Bilder und Videos), „Catchphrases“ oder Aktivitäten, die sich im Internet von Person zu Person verbreiten.
Der Begriff „Meme“ wurde ursprünglich 1976 von Richard Dawkins in dessen Buch „The Selfish Gene“ etabliert, um zu erklären, wie kulturelle Informationen sich mittels zufälliger Änderungen und gemäß natürlicher Selektion unter Menschen ausbreiten. Allerdings ergänzte Dawkins 2013, dass Internet Memes, im Unterschied zu seiner ursprünglichen Konzeption von Memes, ganz bewusst durch menschliche Kreativität verändert und in bestimmte Richtungen gelenkt werden können.
Oft werden „Internet Memes“ auch als Synonym für sogenannte „Image Macros“ verwendet, also Bilder, die mit cleveren oder lustigen Texten überlagert werden.

Der tatsächliche Einfluss, den die Memes der Alt-Right hierbei auf den Wahlausgang hatten, ist zwar umstritten – viele Forscher gehen davon aus, dass Donald Trumps Erfolg vor allem daran lag, dass rechtsradikale Newsplattformen wie Breitbart maßgeblich den Verlauf des öffentlichen Diskurses diktierten –, aber sie spielten definitiv eine prominente Rolle im Wahlkampf. Das wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass Hillary Clintons Wahlkampfteam sich dazu genötigt sah, auf der Internetseite der Präsidentschaftskandidaten vor dem usurpierten Pepe zu warnen.

In linken Kreisen werden Memes ebenfalls vermehrt als politisches Werkzeug eingesetzt, nicht zuletzt, um eine Gegennarrative zur rechten Hetze im Internet zu liefern. So gibt es im anglofonen Bereich von Facebook beispielsweise das sogenannte „Leftbook“ – eine lose Ansammlung von Meme-Seiten und -Gruppen wie „Sassy Socialist Memes“, „Bernie Sanders‘ Dank Meme Stash“ oder „Anarchist Memes“, die mittels humorvoller Memes ihre politischen Ideen in die Welt hinaustragen. Dass die Bewegung ausgerechnet auf Facebook floriert und dessen grundlegend kapitalistisches Ethos munter mit subversiven Memes untergräbt, entbehrt dabei natürlich auch nicht einer gewissen Ironie.

„Antifa-Jhang“, Weltraumkommunismus & Co.

Auch im luxemburgischen Teil des Internets werden politische Memes zunehmend präsenter. Die größte Verbreitung finden sie hierbei auf sozialen Netzwerken; auf Messageboards und Foren wie 4chan – wo die Internetkultur, wie wir sie heute kennen, ihren Anfang genommen hat – sind sie dagegen kaum präsent. Eine Facebookseite, die politische Ereignisse im Großherzogtum immer wieder mithilfe von Memes aufgreift, ist zunächst einmal „Eemol de Mount“. Diese verfügt mit rund 2.450 Likes über eine relativ große Reichweite und hat mithilfe von populären Memes beispielsweise schon rechtsextreme Facebookgruppen wie „Ech hun mäin Lëtzebuerg gären“ persifliert oder die geplante Einführung von iPads an Schulen kommentiert.

Der Kontext der Memes auf „Eemol de Mount“ ist allerdings stets ein satirischer – es werden also keine konkreten politischen Überzeugungen durch sie verbreitet. Die bis dato einzige luxemburgische Facebookseite, die mithilfe von Memes auch konsequent politischen Aktivismus betreibt, ist „Memes bis zum Weltraumkommunismus“. Wie die Macher der Seite im Interview mit dem Tageblatt verraten, haben sie sich bei ihrem Projekt an anderen, internationalen „Leftbook“-Seiten inspiriert und wollen mit ihren durch Memes vermittelten linken Positionen vor allem junge Menschen erreichen.

Die Inspiration an Leftbook-Seiten sieht man hierbei auch in der ironisch aufgeladenen Ästhetik der Memes, die absichtlich von niedriger Bildqualität oder mit Wasserzeichen von Stockfotoagenturen verunziert sind. Momentan zählt die Seite knapp 700 Likes und verfügt somit über eine relativ kleine, aber dafür treue Fangemeinde. Eines der immer wiederkehrenden Memes auf der Seite ist beispielsweise „Antifa-Jhang“.

Dieses porträtiert den luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn in allerlei Fotomontagen als vermummten Antifaschisten, dessen Lieblingsfreizeitbeschäftigung darin besteht, Nazis das Leben schwer zu machen. Anlässe für diese „Memefizierung“ von Asselborn waren die Teilnahme des LSAP-Politikers an einer Demo gegen ein Treffen von europäischen Rechtsextremen in Koblenz im Januar dieses Jahres und ein Tageblatt-Artikel im Vorfeld, in dem unter anderem seine Forderung nach mehr Solidarität in Europa zitiert wurde. Weitere Memes aus der Feder der Seite nehmen Ex-ADR-Gemeinderatsmitglied Joe Thein, Fred Keup von „Nee2015/Wee2050“ und Wirtschaftsminister Etienne Schneider – dessen privatwirtschaftlichen Space-Mining-Plänen der titelgebende Weltraumkommunismus entgegengesetzt wird – auf die Schippe.

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