Landwirte besetzen Paris

Landwirte besetzen Paris
(Reuters/Charles Platiau)

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Frankreichs Landwirte rufen zum Aktionstag auf. 1.700 Traktoren und 50 Busse rollen am Donnerstag auf Paris zu und blockieren den Osten der Stadt.

Die Verkehrsnachrichten hatten nichts Besonderes zu melden: 21 Kilometer Stau auf der Autobahn 1 von Lille nach Paris, 10 Kilometer Stau auf der Autobahn 4 von Metz nach Paris und 13 Kilometer Stau auf der A 13 aus der Normandie nach Paris. Zusammen mit einigen anderen kleineren Staus „nur“ 71 Kilometer Stillstand auf den Autobahn rund um Paris. Das war wenig am Donnerstag früh im Vergleich zu „normalen“ anderen Arbeitstagen. Aber die Staus hatten es in sich.

Mit 40 Stundenkilometern fuhren 1.700 Traktorenfuhren Landwirte aus allen Landesteilen auf die Hauptstadt zu. Ihr Ziel: Place de la Nation im Osten der Stadt zu einer massiven Kundgebung. Traktoren aus der Bretagne und der Normandie waren 14 Stunden und mehr unterwegs, um sich in Paris Gehör zu verschaffen und Entscheidungen zu erzwingen.

Tausende Euro fehlen

Frankreichs Landwirte schlagen Alarm, weil sie buchstäblich am Hungertuch nagen. Es sind die Schweine- und Rinderzüchter und auch die Milchbauern, die nicht mehr genügend Geld verdienen. Sie befinden sich zwischen ihren Zulieferern für Futter zum Beispiel und den Schlachthöfen, Veredlern, und dem Handel. Ein Schweinezüchter braucht im Durchschnitt einen Preis von 3,40 Euro pro Kilogramm. Wenn es hoch kommt bekommt er 3,28 Euro. Bei der Menge an Schweinen, die ein Züchter zu Auktionen anliefert, häufen sich die zwei Cents schnell zu Tausenden von Euro an, die fehlen.

Die Landwirte klagen vor allem den Handel an. „Zwei oder drei Cents mehr für das Hacksteak würden uns bereits helfen“, sagt Xavier Beulin, Präsident des französischen Bauernverbandes FNSEA. Bei den Rinderzüchtern ist die Situation nicht anders. Er benötige 5,50 Euro pro Kilogramm, sagt ein Züchter der Rasse „Limousin“. Der Preis liegt bei fünf Euro. Zu wenig um auf Dauer zu überleben.

Bevölkerung mag Landwirtschaft

Dramatisch wird die Situation für die Milchbauern. Ein normannischer Landwirt, der 1,9 Millionen Liter Milch im Jahr liefert, verliert in diesem Jahr, weil der Milchpreis derzeit um fünf Cents gesunken ist, um die 40.000 Euro. Da die Tendenz weiter nach unten geht, wird sich der Verlust steigern. Die Gefahr besteht, da der russische Markt, der nach dem Embargo gegen Russland weggebrochen ist, sich so schnell nicht wieder öffnen wird.

Frankreichs Bevölkerung mag seine Landwirtschaft. Die Autofahrer, die am Donnerstag früh an den Traktoren von der Polizei vorbei geschleust werden, hupten die Bauern aufmunternd auf, winken ihnen zu. Neun von zehn Befragten einer Umfrage stehen hinter den Bauern und finden Verständnis für ihre Aktionen.

Wo die Eisenbahner beschimpft werden, wenn sie streiken, gibt es kaum ein böses Wort, wenn Landwirte Schweine durch Supermärkte (Link) treiben, ausländische Waren aus den Regalen werfen, Mist vor Supermärkten abladen, tote Ferkel, wie in der normannischen Kleinstadt Pontorson geschehen, in die Einkaufswagen von Supermärkten legen oder eine Präfektur verwüsten und 300.000 Euro Schaden anrichten. Strafanzeigen gibt es selten.

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