Kapitaler automobiler Hustenanfall

Kapitaler automobiler Hustenanfall
(dpa)

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29 Millionen Diesel mit viel zu hohen Abgaswerten ergeben ein düsteres Bild. VW schneidet unter allen Herstellern noch am besten ab.

Die in Brüssel ansässige Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) hat soeben eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass ca. 29 Millionen moderne Dieselautos in Europa viel mehr Schadstoffe ausstossen, als ihre in aufwendigen Labortests „herausgefahrenen“ Resultate. Die Untersuchung bezog sich auf Autos und Vans, die ab 2010 zugelassen wurden.

VW am saubersten

Das ernüchternde Fazit lautet, dass diese Autos wohl in Labortests die Abgasnormen Euro 5 oder 6 schafften, doch in Wirklichkeit, im normalen Fahrbetrieb, mindestens dreimal so viel Stickoxid ausstoßen als erlaubt. Ein andere Erkenntnis ist die, dass ausgerechnet die Marke Volkswagen unter allen betroffenen Marken die sauberste ist, auch wenn das von ihnen ausgeworfene NOx immer noch doppelt so hoch als bei einer Einstufung in Euro-Norm 6 erlaubt.

Der Bericht zeigt, dass immerhin 4 von fünf zwischen 2010 und 2014 verkauften Autos, welche im Labortest die Standards für Euro 5 Norm erfüllt haben (das sind bis zu 180 g auf 1000 km), in Wirklichkeit auf der Straße mehr als das Dreifache dieses Limits ausstoßen. Bei den Autos nach Euro6 Norm, von denen die meisten ab 2015 verkauft wurden, sind es zwei Drittel, welche das 80g/1000 km Limit um mehr als das Dreifache übertreffen.

135.000 Fahrzeuge in Luxemburg

Auf geschätzte 4,7 Millionen beläuft sich die Zahl der ab 2015 verkauften Euro Norm-6 Diesel-Personenfahrzeuge, gut 66 Prozent davon halten diese Normen keineswegs ein. Bei den geschätzten 21,4 Millionen Euro 5 Autos sind 82 Prozent nicht Norm-5 konform, leichte Nutzfahrzeuge nicht inbegriffen. Für Luxemburg errechnet sich eine Zahl von 135.000 PKWs, Euro 5 und Euro 6, die weit über den zugelassenen Normen liegen.
VW noch am saubersten

Höchst spannend wird es, wenn der Bericht von T&E die Sünder beim Namen nennt. Wenn man jetzt alle betroffenen Marken in dem Umfang an den Pranger stellen würde, wie man es seit 12 Monaten mit VW macht, dass müssten alle genannten Marken tief in ihre Reserven greifen, um den drohenden Entschädigungsklagen durch betrogene Kunden entgegen zu wirken.

Labortests absolut realitätsfremd

Bei den saubersten Modellen nach Euro 6 Norm liegt VW nämlich an der Spitze, vor Seat, Skoda und Audi. Die Affäre mit manipulierter Software hatte die VW-Modelle nach Euro 5 Norm belastet. In der Skala der Euro 6 Norm sollten jetzt andere Hersteller erst einmal vor der eigenen Haustür kehren bevor sie mit Steinen um sich werfen. Bleibt das Fazit, dass der VW-Konzern, mit VW, Seat, Skoda und Audi weit besser da steht und ein Haufen anderer Konstrukteure erst einmal ihre Hausaufgaben machen müssen.

Falls sie die jeweilige Gesetzgebung in den einzelnen Ländern dazu zwingt. Gesetzgeber und Hersteller wussten sehr wohl, dass die Testläufe zur Erstellung und Zertifizierung der EU-Umweltkriterien in Labortests absolut realitätsfremd war und noch immer ist. Die Enthüllungen um VW waren nur die Spitze eines Eisbergs. Jetzt kratzt eine Studie an diesem Eisberg und zeigt, wie toll man es unter Wasserlinie treiben kann.

Der Sündenbock

Die einen haben geschummelt, die anderen haben beide Augen fest zugedrückt. Gesetzeslücken ließen viel Interpretationsspielraum zu, den alle zu ihren Gunsten auslegten. Das Resultat sind verärgerte, enttäuschte und wütende Autobesitzer.

Und der Staat droht und spricht Strafen aus. Einen Sündenbock hat man ja schon, warum sollte sich der Gesetzesgeber einer Schuld bewusst sein? Doch warum sollte VW weiterhin mit ansehen, wie andere unbelangt davon kommen, die mehr Dreck am Stecken haben? Das entbindet VW nicht seiner Verantwortung.