„Guter Jahrgang 2014“

„Guter Jahrgang 2014“
(AFP/Jean-pierre Muller)

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In Bordeaux läuft derzeit die Vinexpo 2015 . Auf der Fachmesse dreht sich alles um den Wein. Um ihr Nationalprodukt machen sich die französischen Produzenten Sorgen.

Der Jahrgang 2014 wird zu den besten Jahrgängen gehören, meint man im Bordelais. Das Jahr wird also „weniger schwierig“ als das Vorjahr, meint der Präsident des Erzeugerverbandes, Bernard Farges. Die beiden Jahrgänge 2013 und 2014 vergleichen sich nicht. Schlechtes Wetter, Regen vor allem, hatten die Ausbeute der Traubenlese des Jahrgangs 2013 zu einer historisch schlechten Bordeaux Ernte werden lassen. Mit dem Jahrgang 2014 sieht es anders aus. Gegenüber 2013 stieg sie um 37 Prozent an. Aber damit liegt sie immer noch unter dem Zehnjahresdurchschnitt. Bordeaux Weine sind zwar kein rares Gut. Aber im Überfluss gibt es sie eben auch nicht.

Frankreich behandelt seine Wein-Industrie schlecht. Auf der Vinexpo 2015 in Bordeaux wurden vor allem Sorgen deutlich. Derzeit wird das „Gesetz Evin“ in der Nationalversammlung wieder einmal diskutiert. Der frühere Gesundheitsminister hatte durchgesetzt, dass in Frankreich die Werbung für Alkohol fast gänzlich verboten wurde. Und dort, wo sie noch erlaubt ist, muss sie mit dem Zusatz verbunden werden, dass Alkohol schädlich für die Gesundheit ist und nur in Maßen genossen werden sollte.

„In Maßen genießen“

In der Auseinandersetzung um das Gesetz gibt es zwei Lager im Pariser Parlament. Das, demzufolge das Gesetz gelockert werden soll, und das, demzufolge es verschärft werden soll. Der Staatspräsident hat die Richtung bereits vorgegeben. Eine Lockerung käme nicht in Frage, hat er öffentlich erklärt. Nun haben diejenigen Aufwind, die den Zusatz zur Werbung noch verschärfen wollen. Statt zu sagen, Alkohol sei schädlich, soll es zukünftig heißen, Alkohol sei gefährlich.

Hinzu kommt, dass Frankreichs Journalisten vorsichtig geworden sind, wenn sie über Alkoholika berichten. In Bordeaux wird erzählt, dass Presse-Erzeugnisse verurteilt worden sind nach der Veröffentlichung von entsprechenden Artikeln. Der Unterschied zwischen Werbung und Berichterstattung werde nicht mehr gemacht, beklagen die Wein-Erzeuger und Weinvermarkter. Schlimmer noch, es werde eine ganze Jurisprudenz aufgebaut, die eine Berichterstattung mehr und mehr erschwere.

Anti-Alkohol-Politik

Französische Journalisten haben es sich längst angewöhnt, sich abzusichern. Eine Reportage mit dem Satz „in Maßen zu genießen“ („à consommer avec modération“) zu beenden, gehört längst zu den Standards des französischen Journalismus. Das erinnert an die Regelung des deutschen Gesetzes über frei verkäufliche Medikamente mit dem Standardsatz „…fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ und in den Sprachgebrauch der Journalisten nicht eingezogen ist. Der – anders als in Frankreich – in Deutschland allerdings nur von Kabarettisten aufgenommen worden ist.

Auch wirtschaftlich hat der Feldzug in Frankreich gegen seine Alkohol-Industrie seine Spuren hinterlassen. Werbeagenturen, die Produkte wie Alkoholika längst international vermarkten, sparen Frankreich regelmäßig aus und müssen sich für die Gallier eine eigene Werbestrategie einfallen lassen. Das verteuert die Werbung erheblich. Beim Verbraucher hinterlässt die Anti-Alkohol-Politik mittlerweile ebenfalls ihre Spuren.

USA, Chile, Australien

Im vergangenen Jahr wurde erneut weniger Wein verkauft. Der Weinkonsum ging noch einmal um zwei Prozent zurück. Der französische Wein verkaufte sich für 869 Millionen Euro mit Preisen zwischen drei und 15 Euro pro Flasche. Das sind zwei Prozent weniger als im Vorjahr. Die Weinerzeuger in Frankreich beklagen eine Inkohärenz der französischen Gesundheits- und Agrarpolitik. Einerseits wird Wein als schädlich und sogar als gefährlich eingestuft, andererseits öffnet Frankreich die Grenzen.

Die französische Weinindustrie hat lange nicht zur Kenntnis genommen, dass in den USA exzellente Weißweine produziert wurden, dass Chile und Australien mit Produkten auf den Markt kamen, die dem französischen Wein nach und nach Marktanteile wegnahmen. Chile ist heutzutage der fünftgrößte Exporteur von Wein. In einem Abkommen mit Chile dürfen die Südamerikaner nun ihren Wein zollfrei nach Frankreich exportieren. Australien wird ab 2019 dieselben Privilegien genießen, während französische Weine immer noch mit 14 Prozent taxiert werden.

Weißer Bordeaux

Wie sieht es konkret bei den Bordeaux Weinen aus? Im Export gelang es, den Absturz zu stoppen. Seit 2012 ist die Ausfuhr von 2,3 Milliarden Euro auf 1,78 Milliarden im vergangenen Jahr brutal abgestürzt. Zuvor hatte es seit 2009 – Jahr nach der Krise – einen unaufhaltsamen Aufstieg gegeben. Der Export in die Europäische Union ist nach einem kurzen, schwachen Aufschwung ebenfalls wieder abgestürzt und liegt nun mit 630 Millionen Euro auf dem Niveau des Jahres vor der Finanzkrise, 2007.

Bei den Bordeaux Weinen hat sich im vergangenen Jahr die Tendenz zum Rosé Wein verstärkt. Der klassische Rotwein liegt nach wie vor unangefochten mit 85 Prozent aller Verkäufe und 152 Millionen Flaschen vorne. Der weiße Bordeaux ist allerdings vom Rosé mit sieben Prozent und 13 Millionen Flaschen entthront worden und liegt nun mit einem Anteil von sechs Prozent und elf Millionen Flaschen auf Platz drei.

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