Gramegna: „Luxemburg ist eine junge Nation“

Gramegna: „Luxemburg ist eine junge Nation“
(Jean-Claude Ernst)

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Luxemburg ist anders als in französischen Medien häufig vorgestellt. Luxemburg ist kein Finanzparadies, steht heutzutage in der Frage der Transparenz an der Spitze in Europa. Finanzminister Pierre Gramegna nutzte den luxemburgisch–französischen Wirtschaftsclub in Paris, um ein anderes Bild Luxemburgs zu zeichnen.

Europa steht mit der in Großritannien anstehenden Entscheidung über einen möglichen Austritt vor einem delikaten Scheideweg, meint Finanzminister Pierre Gramegna. Großbritannien in Europa zu behalten, sei sowohl für Großbritannien gut als auch für die EU mit ihren über 500 Millionen Konsumenten.

Europa geht es gut, sagt Gramegna gleichzeitig. Der niedrige Zins favorise die Finanzierung von Investitionen. Grundstoffe seien preiswert. Der Euro sei relativ schwach. Und der Plan des Präsidenten der Europäischen Kommission zur Finanzierung von Investitionen wirke sich noch einmal positiv aus.

Was heißt das für Luxemburg? Das Land hat mit einem Wirtschaftswachstum von vier Prozent sein Wachstum von vor der Krise wieder erreicht. „Dem Finanzplatz geht es trotz Aufgabe des Bankgeheimnisses gut“, sagt der Finanzminister. Und das Land, so sagt er weiter, befinde sich weit vorne in der Normalisierung und der Transparenz. Alsa Beispiel nannte er die Entwicklung der Briefkastenformen. Luxemburg hat kein Interesse mehr an ihnen und schlägt den Besitzern vor, sie in Firmen mit wirtschaftlicher Tätigkeit umzugestalten.

Der Finanzplatz habe sich weiter entwickelt. Derzeit werden in Luxemburg 3.500 Milliarden Euro an Vermögen von Investmentfonds verwaltet. „Wir verwalten“, sagt Gramegna, „aber in Luxemburg werden relativ wenig Investitionsentscheidungen getroffen . Wir machen das back office, wir machen die Compliance“, erklärt Gramegna.

Alte Vereinbarungen

Luxemburg steht immer wieder im Rampenlicht der Besteuerung. Gramegna : „Vor drei Jahren haben die Länder der G20 mit Überlegungen zur Besteuerung begonnen. Wir haben festgestellt, dass die bisherigen internationalen Vereinbarungen aus der Zeit des Beginns des vergangenen Jahrhunderts stammen. Das war die Zeit der Industriefirmen aus Stahl oder Chemie oder anderen Grundstoffen. Diese Vereinbarungen stimmen heutzutage nicht mehr. Wir haben heute Firmen, die rund um den Globus arbeiten. Wir müssen also die Besteuerungsregeln ändern.“ In einem ersten Schritt haben die Staaten beschlossen, ihre Besteuerungsabkommen mit Firmen auszutauschen, um hier eine Transparenz herzustellen, erzählt der Minister.

Der Finanzplatz luxemburg befindet sich nach Aussage des Finanzministers an einem neuen Scheideweg durch die sogenannten Fintech Firmen. Gramegna : „Die großen US-Hersteller sind alle in Luxemburg vertreten und entwickeln sich und ihre Produkte in Luxemburg. Die Veränderungen des Finanzplatzes kommen aus der Digitalisierung der Unternehmen.“

Das Fnanzparadies Luxemburg, als das Luxemburg in Frankreich zum Beispiel immer noch bezeichnet wird, geht in der Besteuerung der Unternehmen in den kommenden beiden Jahren jeweils einen Schritt weiter. Derzeit liegt die Basissteuer bei 21 Prozent, im kommenden Jahr wird sie auf 19 Prozent sinken und 2018 bei 18 Prozent liegen. Hinzu kommen jeweils die Kommunalsteuern. Zum Vergleich : In Frankreich liegt die Besteuerung derzeit bei 33,3 Prozent.

„Eine Periode der Moralisierung der Steuern“

„Tiefer können wir nicht gehen, weil sonst andere Staaten der Meinung sind, dass in Luxemburg nicht wirklich besteuert wird. Wir müssen mindestens bei der Hälfte der Steuersätze anderer Staaten liegen. Der Grund: Wir sind in einer Periode der Moralisierung der Steuern angekommen. Und die Unternehmen bitten uns, Steuern bezahlen zu können.“

Die Entwicklung weg von Finanzplatz wird das begünstigen. Denn trotz der 3,5 Billionen verwalteten Euro machen die Finanzen nur noch 28 Prozent des Bruttinlandsproduktes aus. Die Automobil-Zulieferindustrie beschäftigt mittlerweile 4.000 Menschen. Luxemburg ist zu einem Logistik-Standort geworden, hebt der Minister hervor. Und : Im Land leben zwischenzeitlich 46 Prozent Ausländer unter den fast 600.000 Einwohnern. „Ohne Zwischenfälle“m hebt Gramegna hervor. „Luxemburg erfindet sich neu. Luxemburg ist eine junge Nation“, sagt er.