GAU im „Reaktor 5“

GAU im „Reaktor 5“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

LUXEMBURG/CATTENOM – Es wird viel über die Stresstests für die europäischen Atomkraftwerke (AKW) gesprochen. Aber wie läuft derartiger Test ab? Tageblatt.lu hat nachgefragt.

Es gibt massenweise Szenarien, die bei einem Stresstest berücksichtigt werden müssen, erklärt Patrick Breuskin, Ingénieur-technicien beim luxemburgischen Strahlenschutz Tageblatt.lu. Er erinnert daran, dass unter anderem Terrorattacken und Flugzeugunfälle umstritten waren. Die am Dienstag beschlossenen Stresstests der EU seien effizient, weil sie alle möglichen Szenarien in Betracht ziehen würden, betonte Breuskin.

Die EU-Expertenteams sollen bis zum 15. September einen vorläufigen Bericht vorlegen. Die Betreiber der Anlagen müssten bis zum 31. Oktober ihren definitiven Bericht bei der Regierung abgeben. Die Regierungen ihrerseits haben bis zum 31. Dezember Zeit ihre Schlussfolgerungen der EU mitzuteilen. Im Juni 2012 soll dann anlässlich eines Treffens des Europäischen Rates über etwaige Verbesserungen oder AKW-Schließungen diskutiert werden. Die Resultate des Stresstests können auch Folgen für die Notfallplanung in den Risikogebieten haben. Bei Cattenom liegt Luxemburg mitten in der Gefahrenzone. (Tageblatt.lu)

Die praktische Umsetzung der Tests erfolgt zum größten Teil im Simulator. Untersucht werden zum Beispiel Flugzeugabstürze, Explosionen auf dem Gelände des AKW oder in der Anlage selbst, Erdbeben, Hochwasser, Stürme aber auch Terrorangriffe, Stromausfälle und Cyberattacken, die das Informatiksystem außer Betrieb setzen können.

Vorbeugen und heilen

Die Experten werden nicht nur die Präventivmaßnahmen unter die Lupe nehmen, sondern auch die Folgen eines atomaren Zwischenfalls untersuchen. Eines sei klar: Die Gebäude, vor allem der Meiler müssten solide genug sein, um Hochwasser, ein Erdbeben einen Sturm oder ein Feuer überstehen zu können. Es sei wie beim Autobau. Simulationen sollen alle möglichen Szenarien durchspielen und eventuelle Schwachstellen aufzeigen. Der Luftraum müsse sicher sein. Das Flugverbot über Cattenom werde streng kontrolliert.

Aber nicht nur die Stabilität der Infrastrukturen werde analysiert, sondern auch die Reaktionsmöglichkeiten vor Ort bei einem Unfall, einer Terrorattacke oder einer Naturkatastrophe. Unter anderem wird geprüft, wie schnell die Stromversorgung wieder hergestellt wird, wie die Kühlung der Reaktoren gewährleistet werden kann, wie man ein Feuer löscht, wie man ein atomares Leck wieder stopft, wie man ein Computervirus bekämpft usw.

High-Tech-Simulator

Die Simulierungen in Cattenom werden wahrscheinlich im sogenannten „Reaktor 5“ durchgeführt. Jeder Mitarbeiter der Anlage müsse mehrmals pro Jahr dort an Simulationen teilnehmen, bei denen alle Notsituationen durchgespielt werden, so Breuskin. Es sei wie bei den Flugzeugpiloten. Die Techniker müssten auch unter Stress und in Notlagen die richtige Entscheidung treffen. Deshalb sei ein regelmäßiges Training unerlässlich. Es würden auch regelmäßig Feuerübungen (natürlich ohne Feuer) organisiert.

Informationen über Flugzeugabstürze würden jedoch nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Man wolle etwaigen Terroristen nicht die Gebrauchsanweisung in die Hände legen, wie sie ein AKW treffen müssen um den größtmöglichen Schaden anzurichten, so Breuskin. Idem für Schwachstellen bei Bodenangriffen.

Die Anlage in Cattenom hätte vor ein paar Jahren, unter anderem als Reaktion auf „9/11“ auf dem Gelände des AKW eine Übung mit Antiterroreinheiten veranstaltet. Dabei wurde ein Angriff auf die Atomzentrale mit einer Geiselnahme nachgestellt. Das Sicherheitssystem sei danach angepasst worden.