Froome „taktisch und moralisch“ im Vorteil

Froome „taktisch und moralisch“ im Vorteil
(Reuters/Jean-paul Pelissier)

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In den Vorjahren wurden Ruhetage zu regelrechten Chris-Froome-Verhörtagen, diesmal stand die sportliche Situation im Vordergrund.

Chris Froome glaubt, dass der Kampf um den Tour-Gesamtsieg so hart wie nie zuvor wird. Andorra la Vella (SID) Chris Froome kam entspannt lächelnd zur Pressekonferenz am ersten Ruhetag der Tour de France, und er hatte allen Grund dazu.

Dem britischen Titelverteidiger drohte in Andorra la Vella nicht wie in den Vorjahren ein regelrechtes Verhör. Diesmal durfte sich der Träger des Gelben Trikots ziemlich sicher sein, dass das Sportliche im Vordergrund stehen würde.

Rangelei

Zumal außerdem bislang ähnliche Fan-Anfeindungen ausgeblieben waren wie vor zwölf Monaten – dies hatte dem 31-Jährigen damals am allermeisten zugesetzt. „Ich bin froh, dass ich nichts von diesem Nonsens bisher erlebt habe“, sagte Froome, „die Atmosphäre im Rennen ist fantastisch.“

Und auch die Rangelei mit einem kolumbianischen Anhänger war ja nicht mehr als ein kleiner Zwischenfall. Froome hatte am Montag seine wichtigsten Helfer zum Termin vor der Weltpresse mitgebracht, diejenigen, die ihn zu den Schlüsselstellen dieser Frankreich-Rundfahrt eskortieren.

Szenarien

„Wir haben das beste Team, das spricht für mich. Wir kontrollieren das Rennen“, sagte Froome, und Sky-Teamchef Dave Brailsford ergänzte: „Entweder das ändert sich oder wir werden weiter so fahren und konzentrieren uns auf einige spezielle Szenarien.“

Es war wohl eine versteckte Kritik an der zeitweisen Tatenlosigkeit der Teams seiner Herausforderer. Dabei sind diese zahlreicher als in der Vergangenheit. Auch wenn der Spanier Alberto Contador ausgestiegen ist und von vielen der Kolumbianer Nairo Quintana als die einzige wirkliche Gefahr gesehen wird – nach den Pyrenäen bewegt sich noch mehr als ein halbes Dutzend im Dunstkreis Froomes.

Konkurrenten

Vom Zweiten Adam Yates (Großbritannien/Orica) trennen den gebürtigen Kenianer gerade einmal 16 Sekunden, vom Dritten Dan Martin (Irland/Etixx-Quick Step) nur 19 Sekunden. Insgesamt acht Froome-Konkurrenten liegen im Klassement noch innerhalb einer Minute – und der Tour-Sieger von 2013 und 2015 muss sie allesamt ernst nehmen.

Froome hat zwar mit seiner spektakulären Abfahrt vom Peyresourde für Aufsehen gesorgt, für die er auch ein extragroßes Kettenblatt aufgelegt hatte, doch eine einschüchternde Attacke am Berg blieb er in den Pyrenäen schuldig. Dennoch sind seiner Ansicht nach Quintana und Co. nun unter Zugzwang. „Es liegt an den anderen, Zeit zurückzuholen. Ich bin glücklich über Gelb, das verschafft mir taktisch und moralisch einen Vorteil. Aber ich denke, das wird der härteste Kampf meiner Karriere“, sagte Froome.

Leistung

Entscheiden werde sich die Tour erst ganz am Ende in den Alpen. Darauf hat Froome auch sein Training ausgerichtet, ein Einbruch wie im vorigen Juli in Alpe d’Huez soll nicht wieder vorkommen, als ihm Quintana den Tour-Sieg beinahe noch entrissen hatte. Als Froome bei seinen vorherigen Gesamttriumphen mit seinem Stakkatotritt bergauf fast spielerisch davongespurtet war, stand er wesentlich stärker am Pranger, wurde hinterfragt wie nie ein Tour-Gewinner davor.

Letztes Jahr war etwa exzessiv über seine Leistungsdaten diskutiert worden. 2013 wurde er nach seiner Attacke am Mont Ventoux mit Dopingunterstellungen eingedeckt. So ganz ohne Verdächtigungen kam Froome aber dann auch diesmal nicht davon. Jetzt, wo es ja Wärmebildkameras gebe, die Motoren am Rad aufspüren, könne der Sky-Kapitän nicht mehr einfach so davonfahren wie 2013 am Ventoux, wurde provokant festgestellt.

Froome schmunzelte verständnislos, die Antwort übernahm sein Teamchef Brailsford. „Einen Motor zu finden, ist ziemlich leicht“, sagte er und verwies darauf, dass Froomes Maschine so oft wie keine andere getestet worden sei.