Flüchtlingslager von Calais wird ab Montag geräumt

Flüchtlingslager von Calais wird ab Montag geräumt
(Arnulf Stoffel/dpa)

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Das Innenministerium und die zuständige Präfektur teilten am Freitag mit, die Vorbereitungen würden am Sonntag beginnen.

In dem sogenannten Dschungel halten sich nach letzten offiziellen Schätzungen rund 6500 Menschen mit Ziel Großbritannien auf, Hilfsorganisationen gehen von mehr Bewohnern in der Zeltstadt aus. Die eigentliche Räumung soll am Montagfrüh um 08.00 Uhr beginnen.

Ab dann sollen die meisten der Menschen mit Bussen in Aufnahmezentren im ganzen Land gebracht werden. Dort sollen sie einen Asylantrag stellen können. In den vergangenen Tagen wurden bereits erste Flüchtlinge in andere Orte in Nord- und Südfrankreich gebracht.

Illegal nach Großbritannien

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit Verwandten in Großbritannien können hoffen, doch noch auf legalem Weg zu ihrem Zielort zu gelangen. Beamte des britischen Innenministeriums befragen dafür seit Tagen die Jugendlichen im Lager. Gut 50 Minderjährige aus Calais trafen bis Donnerstag in Großbritannien ein. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass insgesamt rund 1300 unbegleitete Minderjährige im „Dschungel“ leben.

In Calais sammeln sich seit Jahren Menschen, die illegal nach Großbritannien gelangen wollen. Das slumartige Lager aus Zelten, Hütten und inzwischen auch staatlich finanzierten Containern entstand Anfang 2015. Die Situation ist ein halbes Jahr vor der Präsidentschaftswahl auch politisch brisant. „Uns ist klar, wie delikat diese Operation ist“, hieß es im Pariser Innenministerium.

60 Busse stehen bereit

„Wir wollen nicht gezwungen sein, Gewalt einzusetzen“, hieß es aus Ministeriumskreisen. Bei einer Teilräumung war es Anfang des Jahres zu Zusammenstößen gekommen, für die der Staat politische Aktivisten verantwortlich machte. Die Behörden schätzen, dass sich in Calais 150 bis 200 Aktivisten der „No Border“-Bewegung aufhalten, die eine Welt ohne Grenzen fordert.

Die Räumung wurde bereits Anfang September angekündigt und von langer Hand vorbereitet. Eine sehr große Zahl der Menschen sei bereit, Calais zu verlassen, sagte ein Vertreter des französischen Flüchtlingsamtes nun. „Die grundlegende Arbeit trägt ihre Früchte.“ Bereits am Sonntag sollen Sozialteams die Flüchtlinge über den Ablauf informieren. Allein für den ersten Tag stehen 60 Busse bereit, die Migranten in die Aufnahmezentren bringen sollen. Von Dienstag an sollen dann die bereits geräumten Hütten abgerissen werden.

Spezielles Verfahren für Minderjährige

Mehr als 160 Aufnahmezentren im ganzen Land hat der Staat schon geschaffen, die Zahl soll in den kommenden Tagen bis auf 450 anwachsen – mit Platz für mehr als 7500 Menschen. Dort sollen die Migranten für begrenzte Zeit unterkommen und beim Asylantrag begleitet werden. Paris hat aber klar gemacht: Wer kein Recht auf Asyl hat, darf nicht bleiben.

Ein spezielles Verfahren gibt es für Minderjährige, die sich ohne Verwandte in dem Camp aufhalten. Sie können zunächst in Containern in Calais bleiben. Bei Kindern, die Angehörige in Großbritannien haben, pocht Frankreich auf eine Familienzusammenführung. Verhandlungen mit London laufen. Die Briten hätten für diese Gruppe den klaren Willen bekundet, zu helfen, heißt es in Paris.

Das Lager am Ärmelkanal hatte immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Im vergangenen Jahr versuchten teils Hunderte Migranten, das Gelände vor dem Eisenbahntunnel unter dem Ärmelkanal zu stürmen. Inzwischen sind das Zug-Terminal und der Fährhafen von Calais streng bewacht. Migranten haben aber immer wieder versucht, Lastwagen zu stoppen, um sich an Bord zu verstecken. Der Handel in Calais klagt vor dem Hintergrund der Lage über deutliche Umsatzeinbrüche.