Flüchtlinge sitzen fest

Flüchtlinge sitzen fest
(AFP/Bulent Kilic)

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Alle wollen weg aus dem Kampfgebiet um Aleppo in Nordsyrien. Zehntausende von ihnen sind an der Grenze zur Türkei gestrandet, vor allem in dem syrischen Grenzort Bab al-Salama.

Sie warten dort in der Kälte unter freiem Himmel darauf, dass die Türkei sie einreisen lässt. „Meine Frau ist auf der anderen Seite der Grenze, allein mit unseren drei Kindern“, sorgt sich Abdullah, dem die Flucht aus Syrien in die Türkei bereits gelungen ist, auf der türkischen Seite am Grenzübergang Öncüpinar. Auch sein Schwager sei nun mit der ganzen Familie geflüchtet, aber nur dieser habe in die Türkei einreisen dürfen, weil er medizinische Hilfe brauchte.

Jetzt sei seine Frau allein im Grenzgebiet auf der syrischen Seite. Er macht sich Sorgen: „Sie hat mich schon von drei verschiedenen Telefonnummern aus angerufen.“ Eine Frau erzählt, dass ihre Kinder drei Tage lang auf der Straße schlafen mussten, nachdem ihr Haus bombardiert worden sei. „Jetzt schlafen sie an der Grenze“, sagt Um Sobhi. „Wir warten darauf, dass sie zu uns dürfen, aber bisher hat ihnen niemand die Einreise erlaubt.“

Aleppo wird zum Kriegsgebiet

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu rechnet mit weiteren zehntausenden Flüchtlingen, die auf dem Weg zur türkischen Grenze sein sollen. Denn die einstige syrische Wirtschaftsmetropole Aleppo, in der noch immer hunderttausende Menschen leben, liegt nur etwa 60 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt.

Unterstützt durch russische Luftangriffe rücken im Raum Aleppo die syrischen Soldaten gegen die Aufständischen vor, darunter auch viele Islamisten der Al-Nusra-Front und ihrer Verbündeten. Für den Fall, dass die Stadt ganz an die syrischen Regierungstruppen fällt, rechnet die Türkei mit mehr als einer Million zusätzlichen Flüchtlingen – nachdem sie nach eigenen Angaben bereits mehr als 2,7 Millionen Syrer aufgenommen hat.

Die Vorbereitungen auf türkischer Seite für die Aufnahme neuer Flüchtlinge laufen jedenfalls schon seit Tagen. Einige hundert Meter von der Straße entfernt am Grenzposten Öncüpinar hatte die türkische Regierung bereits ein Flüchtlingslager errichtet, dort werden jetzt zusätzliche Zelte aufgestellt. Der Präsident des türkischen Halbmondes, Ahmet Lutfi Akar, sieht seine Organisation gut vorbereitet.

„Neue Flüchtlingswelle“

„Wir helfen ihnen an der syrischen Grenze schon seit fünf Jahren. Das ist nichts Neues, aber wir bereiten uns auf eine neue Flüchtlingswelle vor“, sagt Akar. „Unsere Teams sind bereit, sie mit Wasser und Lebensmitteln zu versorgen, sobald sie bei uns sind.“ Noch aber müssen die Syrer im öden Grenzbereich warten, nur die türkische Hilfsorganisation IHH durfte einige Lastwagen mit Hilfsgütern über die Grenze bringen.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu versicherte am Samstag zwar, dass die Türkei ihre „Politik der offenen Grenze“ nicht aufgeben werde. Angeblich sollen auch schon 5000 Flüchtlinge in die Türkei gelassen worden sein. Der Gouverneur der türkischen Grenzregion Kilis, Süleyman Tapsiz, stellt am Samstag aber erst einmal klar: „Die Neuankömmlinge werden in Lagern auf der syrischen Seite der Grenze aufgenommen.“