Ein Präsident auf Abruf

Ein Präsident auf Abruf
(Reuters)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Nicolas Sarkozy muss in den kommenden zwei Wochen auf seine größte Stärke vertrauen: Um die Stimmung im Volk noch einmal zu drehen, braucht er eine gute Show.

Der 57-Jährige unterlag am Sonntag seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande knapp in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen. Sicherlich lief Sarkozys fünfjährige Amtszeit ganz anders, als es sich der ehrgeizige Jurist erhofft hatte.
Die weltweite Wirtschaftskrise überschattete alle nationalen Programme, die Arbeitslosigkeit stieg sprunghaft an und der umtriebige Mann, der in seinem Heimatland wegen seiner kleinen Statur und seiner hektischen Bewegungen „Speedy Gonzales“ genannt wird, hat nur wenige seiner Versprechen erfüllen können.

Sein wichtigster Slogan war „Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen“. Der in Frankreich magische Begriff der „Kaufkraft“ beherrschte die Debatten. Inzwischen aber höhnen die Franzosen, dass sie mehr arbeiten und weniger verdienen. Die Krise der Banken hat die versprochenen lukrativen Zusatz-Jobs und großzügig entlohnte Überstunden hinfällig gemacht.

„über-coacht“

Sarkozy hat viel für seine Auftritte getan. Vielleicht zu viel, bemängeln Kritiker in der französischen Presse. Sarkozy ist immer dann überzeugend, wenn er spontan mit den Menschen reden kann, wenn er über Themen wie zum Beispiel Europa spricht, die ihm persönlich tatsächlich am Herzen liegen. Nun aber ist er „über-coacht“ – häufig wirken seine Sätze wie auswendig gelernt. Seine ausladende Körpersprache hat auch schon Bundeskanzlerin Angela Merkel mehrfach aus der Fassung gebracht. Sarkozy ist es gewöhnt, seine Gesprächspartner am Arm zu fassen, ihnen auf die Hände zu klopfen und überhaupt körperlich recht nahe zu rücken. Sarkozy, so beschrieb es einmal der Pariser Korrespondent der englischen Tageszeitung „The Independent“, wirke auf ihn wie ein „ungeduldiges, zehnjähriges Kind“.

Tatsächlich verlor Sarkozy in den vergangen Jahren einige Male die Beherrschung. Zum Beispiel, als er auf der immer noch sehr einflussreichen Messe der französischen Bauern einen Zuschauer als „sale con“ beschimpfte – als „schmutzigen Idioten“. Im Wahlkampf 2007 kündigte er in einer martialischen Rede an, er werde die Vorstädte, in denen soziale Unruhen herrschten, mit dem Hochdruckreiniger vom Schmutz befreien. Auch in seinen morgendlichen Kabinettssitzungen soll Sarkozy einige Male die Beherrschung und damit auch einige Mitstreiter verloren haben.

Ungestüm

Im Wahlkampf 2007 aber haben die Franzosen genau das Ungestüme von ihm erwartet – er sollte ein frischer, unbekümmerter Präsident sein, der alles anders macht als seine Vorgänger. Schließlich hatte damals Jacques Chirac mehr als zehn Jahre lang regiert und der Mittsiebziger mit seinen einflussreichen Freunden verkörperte für viele Wähler den elitären Stillstand der konservativen Partei. Sarkozy kam mit einem neuen Programm, er holte auch Persönlichkeiten aus der Opposition in sein Kabinett und versprach eine neue Republik. Aber in der Krise wollten die Franzosen jemanden, der ihren Wohlstand bewahrt. Und da hat Sarkozy aus ihrer Sicht mehrfach versagt: Die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr, Frankreich verlor das von Sarkozy zuvor so beschworene Rating Triple-A und die Kaufkraft der Franzosen ist gesunken.

Nun versucht Sarkozy sich dennoch als Führer in der Krise zu behaupten, als verlässlicher Präsident im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Hollande mit seinen „linken Flausen“.
Nun hat Sarkozy angekündigt, in der Zeit bis zum entscheidenden zweiten Wahlgang am 6. Mai noch einmal „alles geben zu wollen“. Er will mindestens eine Veranstaltung pro Tag absolvieren und ganz Frankreich bereisen. Sarkozy ist vor allem ein politischer Stratege – und das Rennen um den Elysée-Palast hat er sicherlich noch nicht aufgegeben.