Ein Minister geht

Ein Minister geht
(AFP/Eric Piermont)

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Frankreichs Arbeitsminister François Rebsamen ist zurückgetreten. Am Mittwoch Abend verkündete er letztmalig die Arbeitslosenzahlen, die schlecht sind.

Die Zahl der Arbeitssuchenden in Frankreich ist im vergangenen Monat erneut angestiegen. Ende Juli sind 3,551 Millionen Menschen ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. In der Klasse derjenigen, die nie zuvor gearbeitet haben, sinkt die Zahl um 1.900 Arbeitssuchende. Insgesamt, in allen Kategorien addiert, erhöht sich allerdings die Arbeitslosen um 15.100. Die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen sinkt, in allen anderen Altersklassen steigt sie an. Die am Abend bekannt gegebenen Zahlen zeigen, dass wie üblich im Juli, die Zahl der Saison-Arbeitskräfte ansteigt, in der Regel Jugendliche, die zuvor nie auf dem Arbeitsmarkt gewesen sind. Eine ausgezeichnete Touristik-Saison spricht dafür.

Für Arbeitsminister François Rebsamen sind es die letzten Statistiken seiner Amtszeit. Er ist bereits in der vergangenen Woche zurückgetreten. Staatspräsident François Hollande bat ihn, in einer Übergangsphase sein Amt weiter auszuüben. Der Staatspräsident ist noch auf der Suche nach einem Nachfolger. Rebsamen war als Arbeitsminister sowohl sozial-liberal als auch links genug, um Gesprächspartner sowohl der Gewerkschaften als auch der linken Parlamentarier und gemäßigten Sozialisten zu sein.

Grenzen verschoben

Rebsamen war 16 Monate Arbeitsminister. Er hat in dieser Zeit mit Ausnahme eines Monates immer nur steigende Arbeitslosenzahlen verkünden müssen. Um 200.000 ist die Zahl der Arbeitssuchenden in dieser Zeit angestiegen. Der langjährige Weggefährte des französischen Staatspräsidenten verteidigt sich gegen seine Kritiker. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitsministers, Arbeit zu schaffen. Das könne er nicht, sagte er.

Der scheidende Arbeitsminister hat auf einer anderen Ebene gearbeitet. Er hat in einem Gesetz einen Sozialdialog in Frankreich festgeschrieben. Er hat gleichzeitig die Arbeitsnehmervertretung in kleinen und mittleren Unternehmen neu geregelt. Er hat dabei zwar lediglich bestehende Grenzen verschoben. Aber das gilt bereits als Erfolg, hat er das Gesetz doch nach Verhandlungen mit den Gewerkschaften und mit den Unternehmerverbänden wie auch mit den verschiedenen linken Flügeln in der Nationalversammlung abgestimmt bekommen.

3.800 Artikel

Die großen Probleme des französischen Arbeitsmarktes aber hat Rebsamen nicht angefasst. Nach eigener Äußerung hatte er nie ein Arbeitsgesetzbuch angefasst, bevor er Arbeitsminister wurde. Im wesentlichen hat er es auch in seiner Zeit als Minister vermieden. Sozialpolitiker wie Unternehmensverbände und teilweise auch Gewerkschaften verlangen seit langem eine totale Erneuerung der Arbeitsgesetzgebung in Frankreich. Philosophisch gesehen gibt es in Frankreich immer noch die biblische Einstellung, dass Arbeit eine Strafe sei. Das Arbeitsgesetzbuch ist daher mehr und mehr verfeinert worden. Es schützt Arbeitsnehmer mit seinen 3.800 Artikeln, durch die sich auch geschulte Personalchefs nicht mehr durchfinden. Aber es lädt Arbeitgeber auch nicht zu Einstellungen ein.

Auf der Sommer-Akademie des französischen Arbeitgeber-Verbandes in der Pariser Vorstadt ouy-en-Josas lautete die Forderung daher auch, die Arbeitsgesetzgebung in Frankreich wesentlich zu vereinfachen. Sie wird dafür verantwortlich gemacht, dass Unternehmen nicht einstellen. Dass Arbeit in den Unternehmen vorhanden ist, zeigt die Tatsache, dass einerseits die Arbeitslosigkeit steigt, andererseits die Nachfrage bei Zeitarbeitsunternehmen nach zeitlich befristeten Einstellungen ansteigt.

François Rebsamen war Bürgermeister von Dijon, als er vor 16 Monaten das Angebot annahm, Arbeitsminister Frankreichs zu werden. Er hatte sich eigentlich darauf vorbereitet, schon 2012 nach dem Wahlsieg von François Hollande, Innenminister zu werden. Hollande entschied sich gegen ihn. Jetzt kehrt Rebsamen in das Amt des Bürgermeisters von Dijon zurück. Er hatte das Amt seinem ersten Stellvertreter und persönlichen Freund übertragen, als er Minister wurde. Der ist an Krebs gestorben und hat Rebsamen vor seinem Tod das Versprechen abgenommen, in das Amt als Bürgermeister zurückzukehren. Rebsamen löst das Versprechen nun ein. Er ist mit überwältigender Mehrheit als neuer, alter Bürgermeister von Dijon wiedergewählt worden.

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