EU in Aufbruchstimmung

EU in Aufbruchstimmung
(AFP/Emmanuel Dunand)

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Ein Jahr nach dem Brexit-Referendum hat sich die EU in Aufbruchstimmung präsentiert: Europas Staats- und Regierungschefs zeigten bei ihrem Gipfel demonstrativ Geschlossenheit.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der neue französische Präsident Emmanuel Macron übten am Freitag in einer gemeinsamen Pressekonferenz den Schulterschluss und empfahlen sich als Triebkraft für die Weiterentwicklung der EU. Das Treffen habe einen „Geist neuer Zuversicht ausgestrahlt“, sagte Merkel nach dem zweitägigen Gipfel. Sie bekräftigte, dass die Zukunft der EU Vorrang vor den Austrittsverhandlungen mit Großbritannien haben müsse.

Die Staats- und Regierungschefs hätten sich deshalb damit beschäftigt, „das Fundament und die Zukunft der Europäischen Union weiter zu festigen.“ Mit Blick auf den neuen französischen Staatschef Macron sagte Merkel, die Zusammenarbeit beider Länder habe sich als „wirklich belastbar erwiesen“ – auch wenn Deutschland und Frankreich „nicht in jedem Gebiet der gleichen Meinung sind“.

„Mehr als ein Symbol“

Macron sagte, die deutsch-französische Zusammenarbeit sei „mehr als ein Symbol“. Die „Symbiose zwischen Frankreich und Deutschland“ sei „die Bedingung dafür, dass Europa vorankommt“. Merkel wie Macron vermieden es jedoch, bei schwierigen Themen wie bei der von Paris geforderten Reform der Eurozone schon ins Detail zu gehen. Und die Kanzlerin sah den voraussichtlichen erneuten Verstoß Frankreichs gegen die EU-Vorgaben beim Haushaltsdefizit nicht als Thema des deutsch-französischen Verhältnisses.

Der Gipfel verabschiedete aber tatsächlich vieles ohne große Diskussionen: am Donnerstag die Absichtserklärung für eine verstärkte militärische Zusammenarbeit, die Forderung an Internet-Firmen nach mehr Hilfe beim Kampf gegen Propaganda der IS-Miliz, ein gemeinsames Bekenntnis zum Pariser Klimaabkommen nach der Ausstiegsankündigung der USA und die Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise um weitere sechs Monate.

Debatte um chinesische Investitionen

Am Freitag setzten die Staats- und Regierungschefs dann ein Zeichen gegen den wirtschaftspolitischen Kurs von US-Präsident Donald Trump: Sie bekannten sich zu einem Festhalten an einem freien und auf Regeln basierten Welthandel ohne Protektionismus. Gleichzeitig will sich Europa aber auch besser gegen unfaire Handelspraktiken wie Dumping schützen. Der Gipfel forderte hier „schnell“ moderne „Handelsschutzinstrumente“.

Schwieriger war aber die Debatte über Macons Wunsch, chinesische Investitionen und Übernahmen in der EU unter verstärkte Kontrolle zu stellen. Hier wurden die Gipfel-Schlussfolgerungen nach Angaben aus EU-Kreisen auf Druck von Portugal, Griechenland und Spanien deutlich abgeschwächt. Denn die Länder aus Südeuropa sind auf Investitionen angewiesen und wollen es sich offenbar nicht mit Peking verscherzen.

Flüchtlingsaufnahme „ist Tradition“

Ein klares Signal der Unterstützung an die Kanzlerin gab Macron in der Flüchtlingskrise. Er lobte Merkels Positionen in der Frage als „mutig“ und bezeichnete die Aufnahme von Flüchtlingen als „unsere Tradition und unsere Ehre“. Eine Annäherung im Streit mit den osteuropäischen Staaten über die Umverteilung von Flüchtlingen gab es bei dem Gipfel allerdings nicht.

Macron war am Morgen mit den den Vertretern der Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei zusammengekommen, die eine Umverteilung von Flüchtlingen in der EU ablehnen. Er hatte zuvor in einem Interview kritisiert, für manche osteuropäischen Staaten diene die EU nur „dazu, Geld zu verteilen – ohne ihre Werte zu respektieren“.

Polens Regierungschefin Beata Szydlo sprach nach der Zusammenkunft mit Macron von einem „guten Treffen“. Trotz der bestehenden Differenzen sei der Beginn eines Dialogs „ein gutes Zeichen für die Zukunft“.