Die geheimnisvolle Perle Italiens

Die geheimnisvolle Perle Italiens
(Finn Overdick)

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"Apulien? Das liegt doch irgendwo da unten bei Albanien", heißt es immer wieder. Von wegen. Die Region am Absatz des italienischen Stiefels ist immer noch ein Geheimtipp.

Erster Eindruck beim Blick aus dem Flugzeugfenster kurz vor der Landung in Bari: Das Land springt regelrecht aus dem Meer. Es ist ein sehr ursprüngliches Stückchen Erde. Hier gibt es viel Kultur, ganz viele Geschichten und eine Regionalküche, die es in sich hat.

Wer also wenig Zeit hat und schnell in die Sonne möchte, der nimmt einfach das Flugzeug und dann am besten einen Mietwagen für die Weiterfahrt aufs Land oder entlang der rund 800 Kilometer langen Küste. Von Luxemburg aus ist Apulien per Flugzeug über den Flughafen in Bari verbunden. Die Luxair fliegt zwischen März und Oktober zweimal die Woche ab 149 Euro.

Apulien bietet sich für Individualreisen geradezu an. Die Wege im Hinterland oder entlang der Küste führen stets an Sehenswürdigkeiten vorbei. Ob Bari, Foggia, die „Trulli“-Stadt Alberobello (siehe Bildergalerie), das Castel del Monte: Alles hat eine lange Geschichte.

Hausgemacht

Wie schon gesagt, wer das Essen liebt, sollte unbedingt nach Apulien. Die dortige Küche ist wegen der Vielfalt bekannt. Bestellt man abseits der typischen Touristen-Hotspots eine kleine Vorspeise, wird man ordentlich mit hausgemachten Antipasti eingedeckt. Wichtigster Bestandteil der Küche entlang der Küste sind natürlich Meeresfrüchte. Hier lohnt sich unbedingt ein früher Besuch der Hafen.

Ein Beispiel bietet die Küstenstadt Trani. Dort hört man bei Sonnenaufgang lautes Klatschen. Es macht aus der Ferne den Anschein, als ob die Fischer weiße Handtücher entlang des Hafenbeckens gegen die Mole schlagen würden. Allerdings handelt es sich hier um frisch gefangene Oktopoden. Durch das „Prügeln“ werden die Tiere weich und essfertig. In Apulien isst man den Oktopus am liebsten roh. Er gilt als Delikatesse.

Negroamaro

Die klassische Pasta darf natürlich nicht fehlen. Aus Apulien kommen übrigens die Orecchiette (Öhrchennudeln). Versuchen Sie erst gar nicht, selbst diese Nudel herzustellen. Es ist unmöglich! Fast vergessen, das Olivenöl. Nirgendwo in Italien wird so viel reines Olivenöl produziert wie in Apulien. Ein Tipp: Man nehme einen kleinen flachen Teller, ein wenig Olivenöl, Meersalz drauf und ein Stück Canestrato Pugliese (regionaler Käse). Durchziehen! Der Gaumen wird seinen Spaß haben.

Abrunden sollte man dies mit einem Glas Rotwein. Die Lage und das Klima Apuliens sorgen für sehr gehaltvolle Rotweine. Die bekanntesten Rebsorten sind Primitivo, Sangiovese und Negroamaro. Weinliebhaber werden hier also schnell fündig.

Ursprünglich

Frühjahr und Herbst gelten für Individualreisen als beste Zeiten. Die Küstenstreifen sind leer und die Unterkünfte viel preiswerter als in der Hauptsaison. „Im Juli und August können Sie die Küste in Apulien vergessen. Alles ist überlaufen, teuer und fest in italienischer Hand“, erklärt Reiseleiterin Rosanna Milillo. Ganz anders sieht es da im Hinterland aus. In Sachen Tourismus hat sich dort erst seit wenigen Jahren etwas getan. Alles ist also noch sehr ursprünglich und es gibt viel zu entdecken. Die Menschen hier sind sehr erdverbunden und stolz auf ihre Herkunft.


(Tammurriata-Spieler in Bari)

Um das zu erleben, lohnt sich die Übernachtung in einer Masseria. Es handelt sich dabei um befestigte Gutshöfe. Sie beschützten über die Jahrhunderte die Bewohner vor Eindringlingen. Heute beherbergen sie Gäste aus der ganzen Welt. Immer mehr Masserias werden restauriert und zu Hotels oder Privatpensionen ausgebaut. Die meisten haben einen eigenen Gemüsegarten, Olivenzucht und Weinbau.

„Benvenuto“

Durch ein Eisentor, vorbei an einer Vespa geht es in den idyllischen Innenhof der Masseria „S. Pietro“. Hinter den Mauern wartet eine ruhige Oase. Es duftet hier Mitte April nach jungen Kräutern und Blumen. Die Hausherrin, Marina Saponari, empfängt mit Handschlag die Gäste – „Benvenuto“ (herzlich willkommen) – und führt sich gleich in einen Seitentrakt der Anlage. In dem 500 Jahre alten Gemäuer ist eine urige Küche mit Kamin und langem Gästetisch aufgebaut. „Wir haben im Jahr 2000 die Anlage gekauft und zehn Jahre lang restauriert. Seit zwei Jahren bieten wir Unterkunft und Kochkurse an“, erklärt Marina mit einem Glas Rotwein in der Hand.

Die Gäste kommen aus der ganzen Welt. „Wir haben sehr viele Besucher aus Australien und Neuseeland“, sagt Mara Battista. Sie und Marina sind gelernte Köche und bewirten die Urlauber. Das bekommt man auch am eigenen Leib zu spüren. Isst man in einer Masseria, sollte man am besten an einer Magenerweiterung leiden. Hier wird ein Teller nach dem anderen gereicht. Über Stunden frisst man sich regelrecht durch die regionale Küche Apuliens. Immer begleitet durch einen kräftigen Rotwein aus der Region oder aus dem eigenen Keller.

Dabei wird vom Gastgeber immer mit viel Liebe und Detailversessenheit erklärt, was da gerade auf den Tisch kommt und wie es zubereitet wurde. Man muss also Zeit und Ruhe mitbringen. Auch wenn man vielleicht nur ein paar Tage am südlichen Zipfel Italiens verbringt. Es lohnt sich!