Die Parteien-Landschaft in Frankreich

Die Parteien-Landschaft in Frankreich
(dpa)

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Die französische Parteienlandschaft wird vom absoluten Mehrheitswahlrecht geprägt, das kleinere Gruppierungen zu Bündnissen zwingt, um überhaupt ins Parlament einziehen zu können.

Auch die großen Parteien – die Sozialisten und die UMP – sind eher heterogene Bündnisse als ideologisch gefestigte Organisationen. Ein Überblick über die aktuelle Situation:

– Parti Socialiste (PS): Die PS feierte mit dem Sieg ihres Spitzenkandidaten François Hollande bei der Präsidentenwahl am 6. Mai den ersten großen Erfolg seit Jahren. Die Hoffnungen sind groß, dass die Zeit der internen Machtkämpfe und Streitigkeiten nun endlich vorbei ist. Die PS stellte mehrmals die stärkste Fraktion in der Nationalversammlung (1981-1986, 1988-1993, 1997-2002).

Parteivorsitzende ist derzeit Martine Aubry. Sie übernahm das Amt 2007 von Hollande, der die Sozialisten zuvor elf Jahre geführt hatte. Zuletzt besetzte die Partei zusammen mit direkten Verbündeten 197 der 577 Sitze in der Nationalversammlung. Eine Prognose des Ipsos-Institutes von Freitag sah die Sozialisten bei der Wahl am Sonntag bei bis zu 313 Sitzen.

– Union pour un Mouvement Populaire (UMP): Der UMP droht nach der Wahlniederlage ihrer Leitfigur Nicolas Sarkozy der bittere Gang in die Opposition und vielleicht sogar die Auflösung. Die „Union für eine Volksbewegung“ war in den vergangenen Jahren ganz auf den Präsidenten ausgerichtet worden. Nun streiten Politiker wie Ex-Außenminister Alain Juppé, Ex-Premierminister François Fillon und der derzeitige Vorsitzende Jean-François Copé um Richtung und Führung. Die UMP war 2002 von Anhängern Jacques Chiracs als „große Rechts-/Mitte-Rechts-Partei“ gegründet worden. Die UMP-Fraktion umfasste mit direkten Verbündeten zuletzt 305 Abgeordnete – ihr werden nun maximal 226 Sitze zugetraut.

– Front National (FN): Die rechtsextreme Nationale Front holte bei Wahlen zuletzt regelmäßig zweistellige Ergebnisse, einen Einzug ins Parlament verhinderte zuletzt aber immer das Mehrheitswahlrecht. Auch diesmal könnte sie dieses Schicksal ereilen – trotz steigender Popularität. Führungsfigur der Partei ist seit 2011 Marine Le Pen. Bei der Präsidentenwahl holte die Tochter des Front-National-Gründers Jean-Marie Le Pen in der ersten Runde überraschend fast 18 Prozent der Stimmen – das beste Ergebnis der Parteigeschichte. Ihren größten Erfolg erzielte die Partei 2002, als Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl der Präsidentenwahl kam. Sie hofft nun auf bis zu drei Sitze – darunter auch für Le Pen’s Enkelin Marion Maréchal-Le Pen.

– Parti de Gauche: Die französische Linkspartei wurde erst 2008 gegründet. Unumstrittene Führungsfigur ist Ko-Präsident Jean-Luc Mélenchon, der bei der Präsidentenwahl auf elf Prozent der Stimmen kam. Durch Überlaufer stellte die Linkspartei bereits in dieser Legislaturperiode drei Abgeordnete der linken Fraktion. Mélenchon (60), der 2008 nach jahrzehntelanger Mitgliedschaft aus der Sozialistischen Partei (PS) austrat, begeistert seine Anhängerschaft durch großes Redetalent. Der Partei werden 23 bis 26 Sitze mit dem Wahlbündnis „Front de Gauche“ (Linksfront) zugetraut.

– Parti Communiste Français (PCF): Die Kommunistische Partei Frankreichs war einst zweitstärkste politische Kraft und stellte mit den Sozialisten die Regierung. Doch mit dem Niedergang des Ostblocks verlor sie an Attraktivität. Sie tritt nun in dem Wahlbündnis „Linksfront“ rund um die Linkspartei unter Mélenchon an. Zuletzt stellte sie ein Dutzend der 20 Abgeordneten der linken Fraktion und hofft nun den Status quo mit dem Linksfront-Wahlbündnis zu halten.

– Mouvement Démocrate (MoDem): Die Zentrumspartei „Demokratische Bewegung“ wurde nach der Präsidentenwahl 2007 gegründet und ging aus der früheren UDF hervor. Ex-Bildungsminister François Bayrou (61) ist Chef und Führungsperson. Er trat auch bei der Präsidentenwahl an und kam in der ersten Runde auf neun Prozent der Stimmen. Zuletzt stellte die Partei in der Nationalversammlung drei Abgeordnete. Sie waren fraktionslos. Nach dem schlechten Abschneiden in der ersten Runde wird ein Debakel erwartet: Die MoDem könnte ohne Mandate dastehen.

– Nouveau Centre: Die Partei „Neues Zentrum“ ging 2007 wie die MoDem aus der UDF hervor. Führungsfigur ist Ex-Verteidigungsminister Hervé Morin, der wie die Partei für eine europafreundliche und sozial-liberale Politik steht. In der Nationalversammlung stellte das Neue Zentrum bislang 24 Abgeordnete. Die Partei unterstützt das Sarkozy-Lager und wird bei etwa einem Dutzend Abgeordneten gesehen.

– Europe Ecologie – Les Verts: Mehrfach gespalten, spielen die Grünen bis heute kaum eine politische Rolle in Frankreich. Bei diesen Wahlen hofft die Partei unter Generalsekretärin Cécile Duflot auf Erfolge durch ein Wahlbündnis mit den Sozialisten. Dieses sicherte ihr bereits bei den vorangegangenen Wahlen drei Abgeordnete. Ihr Ziel sind mindestens 15 Sitze, um Fraktionsstärke zu erreichen.

– Die Kleinparteien: Am Mehrheitswahlrecht scheitern regelmäßig Kleinparteien. Darunter etwa lokale und trotzkistische Gruppen oder solche mit Partikularinteressen. Erstmals trat in Frankreich diesmal in der ersten Runde auch die Piratenpartei (Parti Pirate) an, die nun beim zweiten Wahlgang aber keine Rolle mehr spielt.