Die Griechen sind aus der Übung

Die Griechen sind aus der Übung
(AFP/Louisa Gouliamaki)

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Am Sonntag stimmen die Griechen in einem Referendum über die Sparpolitik in ihrem Land ab. Aber sie sind etwas aus der Übung. Zuletzt fand in Griechenland 1974 ein Referendum statt.

Das am Sonntag stattfindende Referendum in Griechenland ist erst die achte Volksabstimmung in dem Land seit 1920. Das Land ist außerdem bereits ein wenig aus der Übung: Zuletzt fand in Griechenland 1974 ein Referendum statt, womit zahlreiche Griechen am Sonntag zum ersten Mal überhaupt an einer solchen Abstimmung teilnehmen. Auch die politische Dimension der Abstimmung ist neu – bislang drehten sich die Referenden vor allem um Fragen der Staatsform.

Zwischen 1920 und 1974 gab es sieben Volksabstimmungen in Griechenland, die sich beinahe alle mit dem „Dilemma Monarchie oder Republik“ beschäftigten und in unruhigen Zeiten stattfanden, sagt der Politologe Ilias Nikolakopoulos. „Zum ersten Mal haben wir nun ein Referendum, das eine Frage der internationalen und nationalen Politik behandelt.“ Das sei „außergewöhnlich“. Gut an der Abstimmung sei, dass das Volk gefragt werde. Schlecht, dass das Referendum die Gesellschaft gespalten habe (Link).

Ende der Monarchie

Zuletzt waren die Griechen 1974 nach dem Ende der Militärdiktatur zu einem Referendum aufgerufen, um sich über die künftige Staatsform auszusprechen. Eine deutliche Mehrheit von 70 Prozent sprach sich für die Republik aus und besiegelte das Ende der Monarchie. Auch in den Jahren 1973 und 1968 und damit zur Zeit der Militärdiktatur fanden Referenden statt – diese dienten den Obristen laut Nikolakopoulos aber lediglich dazu, „die Diktatur zu legitimieren“. Bei der Volksabstimmung im Jahr 1946 sprach sich eine Mehrheit der Griechen für die Monarchie aus – womit der von den Alliierten unterstützte König Georg II. auf den Thron zurückkehrte.

Auch mit dem Referendum des Jahres 1935 wurde schon einmal die Monarchie wiedereingeführt. Diese Abstimmung bezeichnet der Politologe Nikolakopoulos gleichwohl ebenfalls als „fabriziert“. Die Volksabstimmung von 1924 beschäftigte sich mit dem griechisch-türkischen Krieg, das erste Referendum im Jahr 1920 wiederum mit der Monarchie als Staatsform. Die Wahl „Monarchie oder Republik“ sei klar, merkt die Geschichts-Professorin Lina Louvi von der Pantion-Universität in Athen dazu an.

Abstimmung über Abstraktes

Die Frage vom Sonntag sei jedoch „viel komplizierter“ und enthalte schwer verständliche wirtschaftliche und politische Begriffe. Der Politologe Nikolakopoulos stört sich außerdem am Gegenstand der Abstimmung: In Europa sei zuletzt in der Regel über existierende Texte abgestimmt worden, „wie etwa 2005 beim Referendum über die EU-Verfassung in Frankreich“. Am Sonntag werde hingegen über einen Vorschlag abgestimmt, der wegen der abgebrochenen Verhandlungen mit den Geldgebern Griechenlands gar nicht mehr auf dem Tisch liege.

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