Debatte zur Zukunft des Landes

Debatte zur Zukunft des Landes
(Fabrizio Pizzolante)

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Am 25. April wird Premierminister Xavier Bettel seine Rede zur Lage der Nation halten. Ein paar Tage später wird die Regierung ihre Zukunftspläne nach Brüssel schicken.

Noch bevor diese Pläne fertiggestellt sind, hat sich die Regierung am Montag mit den Sozialpartnern (Gewerkschaften und Patronat) im Rahmen des „Conseil économique et social“ getroffen. Ziel der Veranstaltung war es, der Regierung die Meinung der Sozialpartner zu verschiedenen Punkten mitzuteilen, die die EU-Kommission vor kurzem in einem Bericht über Luxemburg angesprochen hatte.

Von der EU-Kommission hatte Luxemburg im Februar im Schnitt gute Noten erhalten. Die Wirtschaft wächst stark und der Staatshaushalt ist im grünen Bereich. Die Schulden liegen bei unter 30 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung. Die Regierung sieht sich somit in ihrer Politik bestätigt.

Jahr für Jahr mache die EU-Kommission dem Land immer weniger Verbesserungsvorschläge, unterstrich Vizepremierminister Etienne Schneider. Luxemburg zähle zu den „besten Schülern“ Europas.

Einige Kritikpunkte hatte Brüssel trotzdem gefunden. Dazu zählt ein schwacher Arbeitsmarkt für ältere Leute und ewig steigende Immobilienpreise. Die Kommission plädiert dabei für ein Ausbau des Angebots an Wohnungen.

Immobilienpreise

Dass die Immobilienpreise schneller steigen als die Gehälter, sieht OGBL-Präsident André Roeltgen als Gefahr für das soziale Gleichgewicht im Land. Einfach nur mehr Wohnungen zu bauen, würde dabei die Preise nicht nach unten treiben. Im Namen aller vertretenen Gewerkschaften plädierte er für eine staatliche Regulierung der Preise. Er fordert die Regierung auf, eine Studie über die gesetzlichen Möglichkeiten zu machen. Zudem forderte er eine höhere Besteuerung von nicht genutztem Bauland.

Daneben kritisiert die Brüsseler Behörde, dass das Rentensystem auf nachhaltigere Füße gestellt werden müsse. Bisher seien nur „kleine Fortschritte“ gemacht worden. Doch die Meinungen gehen auseinander: „Was die EU als Fortschritt bezeichnet, ist für uns ein Rückschritt“, so Roeltgen. Und auch bei den Zahlen herrscht keine Einigkeit. Langzeitstudien, die bis 2060 gehen, sind nicht seriös, so Roeltgen.

Um das Problem anzugehen, schlägt die Kommission vor, das Rentenalter zu erhöhen und es an die steigende Lebenserwartung anzupassen. Doch „diesem Ratschlag will die Regierung nicht folgen“, unterstrich Etienne Schneider. Derzeit würden wir im Schnitt noch nicht einmal das legale Rentenalter erreichen.

Auch kritisiert die EU-Kommission, dass noch viel gemacht werden könne, um Eintrittsbarrieren in Richtung Geschäftswelt abzubauen. Zudem werde in Luxemburg zu wenig Geld in die Forschung gesteckt.

Im Namen aller Unternehmer plädierte Michel Wurth, Präsident des Patronatsverbands UEL, dafür, dass die Gehälter nur steigen könnten, wenn auch die Produktivität zulege. Andernfalls gäbe es nichts zu verteilen, warnte er.

Rentenalter

Nicht einverstanden mit dieser Sicht der Dinge sind die Gewerkschaften. Sie fordern eine Anhebung des Mindestlohns um 10 Prozent. Dieser reiche nämlich nicht, um in Luxemburg zu leben, so Roeltgen.

Insgesamt fand der Bericht aus Brüssel deutlich mehr Zustimmung beim Patronat als bei den Gewerkschaften. Trotz der guten Wirtschaftslage blieben die Arbeitslosigkeit, das Armutsrisiko und die Ungleichheiten in Luxemburg groß, unterstreichen Letztere. Roeltgen bedauert dabei, dass die Kommission „keine konkreten Vorschläge“ in diese Richtungen mache.

Um das Wachstum anzukurbeln, müsse mehr investiert werden und die Kaufkraft müsse gestärkt werden, so die Gewerkschaften weiter. Daher „sehen wir etwas Defizit auch nicht als problematisch an“.

Roeltgen wünscht sich, dass die Debatten rund um den europäischen Wachstums- und Stabilitätspakt künftig mehr soziale Kriterien beinhalten sollten. Zudem bedauert er, dass Brüssel noch nichts hinzugelernt habe und nicht erkenne, dass der Index die wichtigste Stütze für den sozialen Frieden in Luxemburg sei.

Die schwierigste Aufgabe wird nun der Premierminister zu meistern haben. Für seine Rede zur Lage der Nation muss er versuchen, die Meinungen der Gewerkschaften und der Unternehmen unter einen Hut zu bringen. Das wird nicht einfach.

„Wir werden all diese Dokumente analysieren“, so Xavier Bettel gestern. „Wir müssen sehen, was möglich ist und was nicht. Vielleicht werden wir die eine oder andere Idee weiter vertiefen.“

Dass beide Sozialpartner ideologisch meilenweit voneinander entfernt sind, ist ihm bewusst: „Die Schlussfolgerungen vom linken Tisch sind nicht die gleichen wie die vom rechten Tisch“, unterstrich er. „Nun muss die Regierung ihre Verantwortung übernehmen.“